Marie-Sabine Roger – Heute beginnt der Rest des Lebens

Nach langer, langer Zeit gibt es mal wieder einen Buchtipp von mir. Ich freue mich, dass ich trotz der Wartezeit noch immer Leser habe. Danke an euch! Dafür stelle ich euch heute ein außergewöhnliches und schönes Buch vor.

 


Die Handlung:

Stell dir einmal vor, du hättest dein ganzes Leben die Gewissheit, dass du an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Stunde sterben wirst: An deinem 36. Geburtstag um 11 Uhr. Vermutlich durch irgendeinen unsagbar seltsamen Unfall. Wie würdest du dich damit fühlen? Besonders zu dem Zeitpunkt, an dem du feststellst, dass du deinen eigenen, quasi fest eingeplanten Todestermin verpasst hast, dein alltägliches Leben aber schon beendet hast? Was würdest du mit der gewonnen Lebenszeit anfangen?

Genau diesen Fragen muss sich Mortimer Decime, der letzte aus einer langen Reihe von Decimes, stellen. Unter anderem auch deshalb, weil er in weiser Voraussicht bereits seine Wohnung und seine Arbeit gekündigt hat. Er wartet brav in Begräbnisanzug im Bett liegend auf seinen Tod, der einfach nicht kommt. Da stellt sich ihm natürlich auch die Frage: Warum lebe ich noch? Immerhin lastet auf seiner Familie seit mehreren Generationen ein Fluch: Jeder Decime-Mann starb im Alter von 36 Jahren und es gab auch immer nur einen Sohn. Dem weiblichen Nachwuchs war ein langes Leben gegönnt.

Man könnte sagen, das nicht eingetretene Ereignis krempelt sein Leben komplett um. Von einem Tag zum anderen weiß er nun nicht mehr, wie viel Zeit ihm noch bleibt und wie viel Zeit er schon vergeudet hat. Da er genau wusste, wann sein Leben endet, hat er sich nie Gedanken über eine mögliche Zukunft gemacht – vielleicht sogar einer mit seiner großen Liebe Jasmine. Zum Glück ist Morty nicht ganz allein auf der Welt, denn Paquita und Nassardine sind ihm Elternersatz und Freunde in einem…

Meine Bewertung:

Ich bin ja bekannterweise ein großer Fan von Marie-Sabine Rogers Büchern. Es ist die Sprache und die positive Botschaft ihn ihren Büchern, die mir so gut gefällt. Andererseits bin ich es von Marie-Sabine Rogers Büchern mittlerweile gewöhnt, dass sie mich überraschen, zum Schmunzeln bringen und mich manchmal auch mit einigen Fragezeichen zurücklassen. So auch bei „Heute beginnt der Rest des Lebens“. Wenn man den Klappentext vorab liest und im Buch immer weiter und weiter kommt, fragt man sich zwangsläufig, wann man denn nun etwas über Mortys weiteres Leben erfährt.

Seine Vergangenheit und die seiner Familie ist ja schon interessant und teilweise auch sehr amüsant. Insbesondere die Todesfälle, die zumeist in die Kategorie „dumm gelaufen“ gehören. Aber eigentlich hatte ich mehr über Gegenwart und Zukunft erwartet. Irgendwann war mir allerdings klar, dass ich wohl tatsächlich nicht mehr viel über Mortys jetziges, neu gewonnenes Leben erfahren werde, außer kleinen Ausblicken. Das Ende ist sehr offen, ob es ein glückliches sein wird, weiß man nicht. Marie-Sabine Roger lässt jedem Leser die Möglichkeit, sich sein eigenes Ende zusammenzuspinnen. Ich sag’s mal so: Ich habe mein Happyend, alles wird gut für Morty.

In der Geschichte am meisten gemocht habe ich Jasmine, die eigentlich das totale Gegenteil von Mortimer ist und doch so unwahrscheinlich gut zu ihm passt. Jasmine verbringt ihre Freizeit mit zwei sehr ungewöhnlichen Beschäftigungen: Wenn sie bemerkt, dass es jemand schlecht geht, fängt sie an zu weinen, damit sie der andere tröstet und somit seine eigenen Sorgen als nicht mehr so schlimm ansieht. Da sie ein ziemlich verrücktes Huhn ist, gilt ihre zweite Leidenschaft Hüten, die sie selbst entwirft. Aber keine normalen Hüte, nein, Hüte mit Figuren, Federn und allen möglichen anderen Materialien, richtige Kunstwerke. Vermutlich eher nicht tragbar.

Auch Paquita ist eine durch und durch positiv eingestellte, lebensfrohe und laute Natur, die Morty verehrt, seit er sie kennt. Paquita hat etwas von einer Naturgewalt,der sich die Männer offensichtlich nicht entziehen können. Aber sie liebt ausschließlich ihren stillen Nassardine, vom ersten Augenblick an, als sie sich zum ersten Mal begegneten. Die beiden sind genauso ein Traumpaar, wie es Morty und Jasmine hätten werden können, wenn er an ein Leben nach dem 36. Geburtstag geglaubt hätte.

Mein Fazit: Auch dieses Buch ist wunderschön und bekommt von mir alle möglichen Sternchen, Däumchen, was auch immer. Mein Liebling ist allerdings immer noch „Das Labyrinth der Wörter“ (für mich die reinste Sammlung kleiner Lebensweisheiten), dicht gefolgt von „Das Leben ist ein listiger Kater“.



Weitere Informationen zum Buch und der Autorin findet ihr beim Atlantik-Verlag, bei dem ich mich herzlich für das Rezensionsexemplar bedanke!

Ich wünsche euch viel Freude beim Lesen und noch einen schönen Sonntag!

Deborah