Martin Niessen – Der kleine Japaner (ebook)

Ich hatte schon das zweite Mal das Glück, bei dotbooks‚ GOODIE THURSDAY zu gewinnen. „Der kleine Japaner“ hat mich sehr interessiert. Daher hatte ich eine laaange Antwort auf die Frage: „Stell Dir vor, Du könntest Dich mit einem Fingerschnippsen nach Japan teleportieren – was würdest Du dort unbedingt erleben wollen?“


Meine Antwort: „Ganz viel. Mich von Rolltreppen und Toiletten bequatschen lassen, Japanern beim Einreihen in die Warteschlangen zusehen und raten, wie viele Menschen noch in einen vollen Zug passen, zuschauen, wie die Japaner quasi überall und in jeder Position einschlafen können, einfach stundenlang staunend an der Kreuzung in Shibuya stehen uuund auf jeden Fall mal so eine Spielhölle besuchen und verrückte Klamotten anschauen/shoppen. Ach, noch was vergessen: halsbrecherische Schuhmode, Kirschblütenwahnsinn und Mount Fuji bewundern – und vielleicht mit einem Schwanen-Tretboot auf Lake Ashi rumgondeln. Ich kann gar nicht alles aufzählen. Ab wann funktioniert das mit dem Teleportieren? Wisst ihr schon ein Datum? Ich bin bereit!“

Diese Antwort hat Herrn Sonderhüsken von dotbooks wohl gefallen und ich habe „Der kleine Japaner“ nun auf meinem Reader – und natürlich schon gelesen, sind ja auch nur 181 Seiten + Leseproben. Herzlichen Dank an dotbooks für einige schöne, lustige Lesestunden! 

copyright dotbooks
Zum Inhalt :

„Nur Atomkraftwerke kommen hier in den Hausmüll.“

Die Tücken des japanischen Alltags sind für Ausländer unzählig. Diese Erfahrung musste auch Martin Niessen machen, als er nach der Erdbebenkatastrophe des 11. März 2011 als Korrespondent des ZDF nach Japan kam. Selten politisch korrekt, oft ironisch, manchmal sarkastisch, aber nie ohne Sympathie für die Menschen beschreibt er, was ihm dort im Lauf von insgesamt vierzehn Monaten widerfährt. Dem Buch zugrunde liegt ein wöchentlicher Blog, in dem der Autor während seines Aufenthalts aus seinem Alltag in dem vor allem durch die atomare Katastrophe von Fukushima verunsicherten Land erzählte.

Witzig, skurril und unglaublich ehrlich – Erleben Sie Japan hautnah! (von dotbooks)



Meine Bewertung (vermischt mit eigenen Erfahrungen):

Genau das, was ich erwartet hatte. Martin Niessen beschreibt in kurzen Kapiteln seine Erlebnisse im Japan nach Fukushima. Teilweise ganz schön bissig aber auch immer mit einem Augenzwinkern. Trotz der Tatsache, dass ich nur 10 Tage in Tokyo und Umgebung zu Besuch war, erkannte ich doch einiges wieder – es scheint sich trotz der Katastrophe nicht allzu viel geändert zu haben in Tokyo – außer vielleicht, dass die Japaner tatsächlich mal protestieren.

Ich fand das Buch sehr unterhaltsam, es weckte auch Erinnerungen an die eine oder andere Anekdote. Zum Beispiel bei der Schilderung der Besuche von Hightech Toiletten mit integrierter Sitzheizung, Beschallung, Beduftung und diverser Wasch- und Föhnprogramme hab ich mich kaputt gelacht – besonders bei dem Gedanken daran, wie ratlos ich all die Knöpfe und Schalter an einem solchen Gerät angeschaut habe. Ehrlich, eine von den Toiletten hat sogar gequatscht – leider nicht in Englisch. Ich möchte mir nicht die Schlangen auf den Damenklos hier zu Lande vorstellen, wenn es bei uns solche first class Toiletten gäbe. Das Einzige, was ich vermisst habe: Ich habe keine im Hello Kitty Design gesehen. Da fast alles im Hello Kitty Design erhältlich ist, vermute ich aber, dass es das auch sicher irgendwo gibt. 🙂 Schaut mal hier, das ist HK im Mount Fuji Kostüm:



Ich bin auch mehr als froh, dass ich nichts von der Mülltrennung mitbekommen habe. Könnt ihr euch vorstellen, mit 7 Abfalleimern herum zu hantieren? Ich ehrlich gesagt nicht. Ein Hoch auf die Wertstofftonne! Dementsprechend sollte ich mich wohl mit fast sechsjähriger Verspätung beim Hotelpersonal entschuldigen für den unsortierten Müll (da hatte ich nun wirklich schlagartig ein schlechtes Gewissen). 

Wenn ihr das ebook lest, werdet ihr vermutlich einiges nicht glauben können/wollen. Aber ich kann wirklich ganz viele Punkte aus eigener Erfahrung bestätigen: Ja, es ist laut in Tokyo – wenn sogar Rolltreppen mit dir quatschen und in einem Elektrogeschäft gefühlt alle 2 Meter ein anderer Mitarbeiter dir etwas anderes entgegen brüllt (was mich dazu bewogen hat, das Geschäft fluchtartig zu verlassen). Es ist auch unglaublich teuer, aber der Service ist klasse und die Menschen sind wirklich sehr hilfsbereit und höflich. Und Hinweis-/Verbots-/Gebotsschilder gibt es massig – schade, dass ich davon keine fotografiert habe. Sogar das Schlangestehen ist hier reglementiert, zum Beispiel in den Bahnhöfen ist das teilweise exakt aufgezeichnet. Und man hält sich sogar daran, zumindest bis der Zug kommt, dann wird auch mal geschubst und gedrängelt. 

Was mir an dem ebook sehr gut gefällt, sind die vielen Bilder passend zu den Kapiteln – quasi Beweisfotos (schade, das Bild aus dem Onsen fehlt…). Das macht das Ganze noch spaßiger.  Zum Beispiel zum Thema Schlafen, immer und überall und in jeder Körperhaltung. Besonders beeindruckt hat mich das Foto von dem frei stehend schlafenden Mann im Anzug. Wahnsinn! Man könnte meinen, Japaner haben so eine Art Abschaltknopf oder Standby-Modus. 

Sehr interessant ist natürlich das Thema Essen und die angebotenen Bestellhilfen in Form von Plastinaten (oder was auch immer das für ein Material ist). Das sieht dann zum Beispiel so aus:



Lecker, oder? Da läuft einem glatt das Wasser im Mund zusammen. 🙂 Bei Martin Niessens Beschreibung eines Frühstücks im Ryokan ist mir dann aber doch der Appetit vergangen – zu viel des Guten für europäische Mägen. 

Sehr gelacht habe ich über die Feststellung, dass die Japanerinnen oftmals an ihren O- oder X-Beinen von anderen Asiatinnen unterschieden werden können. Mein erster Gedanke als ich eine Weile im Ueno Park die vorbeilaufenden Mädchen und Frauen betrachtet habe: Hier könnte man als Orthopäde sicher reich werden. Ich schätze mal, die oftmals zwei Nummern zu großen Schuhe sind daran wohl nicht ganz unschuldig – zumindest was umgeknickte Knöchel etc. betrifft. Und dann die unverkennbaren Geräusche: klack-schlurf-klack-schlurf.

Okay, es ist nachvollziehbar, dass es lästig ist, die Schuhe ständig aus- und anzuziehen – aber wenn so etwas dabei rauskommt?! Das tut doch weh, nur schon beim Zuschauen.

Der Autor hat auf jeden Fall recht, wenn er bemerkt, dass die Städte nicht wirklich schön sind. Aber richtig toll finde ich die riesigen Parks. Die sind zwar auch voll mit Menschen, aber trotzdem sehr schön – sie sind einfach wunderschön gestaltet und es liegt nicht überall Müll rum, daran sollten wir uns vielleicht mal ein Beispiel nehmen. 

Das ebook ist eigentlich ein Blog in Buchform, die Länge der einzelnen Einträge oder Kapitel ist optimal zum mal eben zwischendurch Lesen. Wie schon erwähnt, ist Herr Niessen manchmal ganz schön sarkastisch. Böse, böse, böse – aber gut. Offensichtlich hatte er ja auch viel Spaß, den er mit uns teilt, trotz des ernsten Hintergrunds, der ihn eigentlich nach Japan geführt hat. Es ist ja allgemein bekannt, dass man in Japan gerne und leicht mal ins Fettnäpfchen treten kann. Schön ist, wenn man über sich selbst auch lachen kann – was Herr Niessen offensichtlich auch kann. 

Wenn ihr euch dafür interessiert, was der Alltag in Japan zu bieten hat, seid ihr mit diesem ebook gut beraten. Ihr erfahrt hier vieles, das ihr so bestimmt nicht im Reiseführer findet.  Ein bisschen erinnert es mich an Christoph Neumnanns „Darum nerven Japaner“. Ich kann euch das ebook jedenfalls wärmstens empfehlen. Und ich würde so gerne noch einmal nach Japan fliegen – irgendwann, vielleicht. 

In diesem Sinne: winke winke


Viel Spaß beim Lesen!

Deborah


Ps: Die im Post gezeigten Fotos sind nicht aus dem ebook, sondern meine eigenen!