Tollkühne Männer und Frauen in ihren rasenden (und auch fliegenden) Kisten – so könnte man Andrea Schachts neues Buch auch kurz umschreiben. Aber ihr bekommt es natürlich ausführlicher. 🙂



Zum Inhalt:

Ein amerikanischer Ölbaron lädt zu einer Rallye von „Triumph zu Triumph“ von Paris nach Berlin ein. Das Großereignis wird von vielen Teilnehmern und Beobachtern aus den unterschiedlichsten Gründen mit Spannung erwartet. Unter den Rallye-Teilnehmern befindet sich Alastair MacAlan, der sich mit seinem robusten Ford Modell T (auch als Tin Lizzie bekannt) einen Sieg erhofft, der ihm die Chance auf einen Neuanfang geben würde. Sein treuer Freund Hans Beckhaus begleitet ihn bei diesem schwierigen Unterfangen und ist ihm in vielem eine unersetzliche Stütze.


Auf einen Neuanfang hofft auch Emmalou Schneider, eine junge und engagierte Journalistin, die für das Bunte Blatt arbeitet. Sie bietet ihrem Chef an, die Rallye aus der Luft zu begleiten und exklusiv zu berichten. Eine große Aufgabe für eine Frau, von der eigentlich Berichte über den Haushalt und ähnlich spannende Themen für Frauen erwartet wird. Begleitet wird sie von ihrer Freundin und fast-Schwägerin Geraldine du Plessis, die für die Fotos zuständig ist, und ihren gemischten Gefühlen. Ein Name auf der Teilnehmerliste weckt lange verdrängte Erinnerungen. 


Es gibt noch weit mehr Teilnehmer, wie zum Beispiel die Brüder Fitzgerald, die englischen Verwandten von Alastair MacAlan, einen ziemlich steifen und nicht ungefährlichen Oberst von Braunlage, den französischen Rennfahrer Gregoire Latour und seine beiden unterhaltsamen Schwestern ChiChi und ChouChou, Dr. Waldgruber, ein junger Arzt und seinen Vater, der Reifenfabrikant Thalheimer… und einen Saboteur.


In Magdeburg verfolgt der junge Mechaniker-Lehrling Fritz Papke voller Bewunderung das Geschehen. Er wird bestens auf dem Laufenden gehalten von der reizenden „Klingelfee“ (oder dem Fräulein vom Amt) Nelly Kuntze. 


Eine spannende Rallye quer durch Frankreich und das Deutsche Reich beginnt. Und hier seht ihr den Verlauf (einfach anklicken zum Vergrößern):



Copyrights für das Cover und die Bilder vom Buch liegen beim blanvalet Verlag. 

Meine Bewertung:

„Triumph des Himmels“ist ein Buch, auf das ich erstaunlicherweise sehr gespannt war, denn die zwanziger Jahre des vorherigen Jahrhunderts hatten mich eigentlich noch nie sehr interessiert. Aber ich wurde eines Besseren belehrt: Andrea Schacht kann einfach mitreißende historische Romane schreiben – egal ob im Mittelalter (oder sogar noch früher) oder in der Neuzeit! 


Ich gestehe, ich weiß herzlich wenig über die Zeit zwischen den zwei großen Weltkriegen. Eines weiß ich aber sicher: Es war keine leichte Zeit. Bittere Armut und Verluste waren an der Tagesordnung. Viele hatten geliebte Menschen verloren, oder sie waren schlicht nicht mehr die gleichen wie vor dem Krieg. Und trotzdem gab es „die goldenen Zwanziger“, die Zeit der kurzen Kleidchen und des Charleston. Eine Zeit der Hoffnung, des wirtschaftlichen Aufschwungs und eine Blütezeit von Kunst und Kultur. Das alles fand ein jähes Ende in der Weltwirtschaftskrise 1929.  


Die Rolle der Frau war klar definiert: Verheiratet, Kinder, Hausfrau. Frauen, die arbeiteten waren die Seltenheit. Frauen, wie Emmalou Schneider, waren eher unbequem. Es ist aus der heutigen Sicht der Dinge verständlich, dass Emmalou mehr möchte, als über Hausfrauen-Themen zu schreiben. Umso erstaunlicher ist es, dass ihr Chef tatsächlich zustimmt, dass sie die Reportage über die Rallye übernimmt – und das in einem kleinen Flugzeug, das sie selbst fliegt. Emmalou ist neugierig auf das Ereignis und das Wiedersehen mit Alastair MacAlan, in den sie vor Jahren verliebt war. Noch bevor sie sich mit Titus du Plessis verlobt hatte, der leider im Krieg umkam. Die Geister der Vergangenheit holen sie ein. Aber nicht nur sie, auch Alastairs Freund und Begleiter Hans.


Die einzelnen Etappen und die Beweggründe für die Teilnahme an der Rallye werden im Lauf des Buches klar. Auch bestehende Rivalitäten und Abgründe offenbaren sich nach und nach. Und ganz im Geheimen mischt auch ein skrupelloser Saboteur mit, der gerne auch über Leichen geht, um sein Ziel zu erreichen. Von Etappe zu Etappe steigt die Spannung, aber auch die Gefühle kommen natürlich nicht zu kurz. 


Die Kapitel, die einen Etappenabschnitt darstellen, sind im Buch auch sehr schön illustriert. Hier beispielhaft das Bild für den „Rasttag Köln“: 



Mich hat die Geschichte wirklich mitgerissen. Von Kapitel zu Kapitel wird die Rallye und das Verhältnis der Teilnehmer interessanter und aufregender – nicht zuletzt durch die sauber gesponnenen Intrigen und Anschläge und die Verknüpfung der Schicksale. Die zwischendurch eingestreuten Kapitel über Fritzchens Erlebnisse in Magdeburg sind köstlich. Die Berliner Schnauze mit Herz ist absoluter Lieblings-Nebencharakter und hätte den Nebenrollen-Oscar verdient. Besonders, als er selbst ins Geschehen eingreift und den feinen Pinkeln mal zeigt, wie und wo man ordentlich Buletten essen geht. Auch sehr sympathisch ist Frau Heinemann, die gerne mal als arme Frau in guten Hotels auftritt. 


Frau Schacht lässt für uns das Dom-Hotel in Köln und das Adlon in Berlin in der guten alten, noblen Zeit erstrahlen. Damals wohl purer Luxus. Ich konnte mir die stark geschminkten Damen in ihren dünnen Kleidchen sehr gut vorstellen, selbstverständlich auch die Herren in ihren Smokings. Auch wenn ich mir vorstelle, dass zwischen der Tin Lizzie und den heutigen Ford Fiestas nur etwa 100 Jahre liegen, muss ich immer wieder staunen. Wie sehr sich die Welt beschleunigt hat. Dass das nicht immer ein Vorteil ist, wissen wir ja mittlerweile alle. 



Was mich sehr beeindruckt hat: Die Beschreibung des abschließenden und entscheidenden Rennens auf der AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße) in Berlin ist eine richtige Live-Berichterstattung. Man kann sie sich quasi im Radio vorstellen. Das hätte ich nicht erwartet. Macht sich sehr gut als Abschluss der Rallye.

Eines ist mir in diesem Buch jedoch nicht gelungen: Irgendeinen Charakter aus beliebten Reihen oder anderen Büchern von Andrea Schacht zu finden (Almut zum Beispiel wurde ja in mehreren Büchern erwähnt). Vielleicht habe ich es übersehen. Falls euch etwas auffällt, würde ich mich freuen, wenn ihr es mir verratet.

Wie ihr meinen Worten sicherlich entnehmen könnt, gehört dieses Buch eindeutig zu meinen Favoriten 2014. Ich war stundenlang gefangen in Emmalous und Alastairs Geschichte, die einige überraschende Wendungen nimmt, und bin sicher, wenn ihr die historischen Romane von Andrea Schacht mögt, wird es euch genauso gehen. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet, und wurde aufs Positivste überrascht. Von mir gibt es einen ganz eindeutigen Daumen nach oben und massig Sternchen!

Die Aufmachung von „Triumph des Himmels“ ist wirklich schön und hochwertig, ein Buch, das man nach dem Lesen gerne ins Regal stellt – in meinem Fall direkt neben Almut und Alyss. Ich denke, die Godesbergerin Emmalou wird sich neben diesen starken Frauen aus Köln sehr wohl fühlen.

Weitere Infos, Bestellmöglichkeiten und eine Leseprobe findet ihr direkt auf der Seite von blanvalet. Ich bedanke mich herzlich für das Rezensionsexemplar!

So, und nun bleibt mir nur noch eins zu sagen: Lest es selbst, wenn ihr Lust auf einen spannenden historischen Roman habt. Viel Spaß und einen schönen Sonntag Abend!

Deborah