Ich bin ja immer noch am Aufarbeiten meiner Rezensionen. Deshalb gibt es heute gleich eine Vorstellung von drei ganz besonderen Büchern, drei absoluten Highlights meines Lesejahres 2016 – die drei total unterschiedlichen Bücher von Antoine Laurain…

Ich fange mit der Beschreibung des in Frankreich zuerst erschienen Romans an. Hier in Deutschland erschienen die Bücher in umgekehrter Reihenfolge.

 

Das Bild aus meinem Traum

 

 

Ich wurde vom Atlantik Verlag mit diesem Buch überrascht und war sehr glücklich darüber. Einige Zeit zuvor hatte ich „Der Hut des Präsidenten“ gelesen und jedem davon vorgeschwärmt, der mir zuhörte.


Darum geht es:

Pierre-François Chaumont ist Anwalt, sammelt mit großer Leidenschaft alte Dinge, die die Seele ihrer früheren Besitzer bewahrt haben, und ist ein Stammgast auf diversen Auktionen. Seine Frau Charlotte teilt seine Begeisterung nicht und fühlt sich durch den vielen Kram in ihrer Wohnung gestört. Eines Tages entdeckt er ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, ein Porträt, das ihn selbst zeigt. Kein anderer außer ihm erkennt die Ähnlichkeit und trotzdem beharrt er darauf und beginnt nach dem der Herkunft des Bildes zu forschen. Er stößt auf das Weingut des Grafen de Rivaille. Die Geschichte lässt ihm keine Ruhe und er fährt in das Dorf im Burgund Was er nicht weiß: Der Graf ist seit langer Zeit verschwunden und wird von seiner Frau Mélaine vermisst.

 

Meine Bewertung:


Die Geschichte um Pierre-François Chaumont ist bezaubernd und erzählt von den Chancen im Leben und dem freien Willen, der völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Monsieur Chaumonts Leben ist festgefahren und relativ freudlos – wenn man einmal von seinen Besuchen im Auktionshaus absieht. Er findet mehr Leben in den Dingen, die er um sich hortet, als in der erkalteten Beziehung zu seiner Frau Charlotte, die sich auch noch über ihn und seine Leidenschaft lustig macht.

„Eine Sammlung beginnt mit zweien, wenn man auf der Suche nach dem Dritten ist.“ Um diesen Satz würde mein Leben zukünftig kreisen. (Zitat Seite 22)

Monsieur Chaumont hat bereits als Junge die Sammelleidenschaft seines homosexuellen Onkels Edgar übernommen, der Zeit seines Lebens nie offen sein Leben leben durfte. Es ist verständlich, dass er darüber nachdenkt, aus diesem Leben auszubrechen, in dem seine Sammlung ebenfalls zu seiner Obsession wird. Er hat genug alte Erinnerungen gesammelt, es wird Zeit neue zu schaffen.

„Wenn du ein echter Sammler werden willst, musst du eines verstehen: Die Dinge, die echten Dinge“, hatte er mit gehobenem Zeigefinger betont, „bewahren die Erinnerung derjenigen, die sie besessen haben.“
(Zitat Seite 27)

Was mir besonders gut gefallen hat an der Geschichte, ist die Tatsache, dass eigentlich bis zuletzt nicht ganz klar ist, ob das alles tatsächlich passiert oder ob es sich um einen Traum handelt und was aus dem Grafen geworden ist. Außerdem gefällt mir die Entscheidung und der Mut von Monsieur Chaument ausnehmend gut.

Antoine Laurains Schreibstil hat es mir ohnehin sehr angetan. Ich habe das Gefühl, meine französische Lieblingsautorinnen und -autoren schreiben irgendwie ganz anders und oftmals besonders bildreich, poetisch und mit vielen kleinen versteckten (durchaus positiven) Gedanken. Ich finde immer mehr Gefallen daran und freue mich auf weitere Bücher von Antoine Laurain und all den anderen Schriftsteller/innen aus unserem Nachbarland.

 

Mein Fazit:

Im Vergleich zu den anderen beiden Büchern, die ich von Antoine Laurain gelesen habe, möchte ich für „Das Bild aus meinem Traum“ 4 Lämpchen vergeben – aber nur, weil die anderen noch besser sind. Ich habe bei 3 Büchern quasi 2 erste Plätze und einen zweiten Platz vergeben.

 

 

 

Der Hut des Präsidenten

 

 

Darum geht es:


Der französische Präsident François Mitterand vergisst seinen Hut in einer Brasserie. Der kleine Buchhalter Daniel Mercier nimmt ihn an sich und trägt ihn. Es scheint, der Hut verleiht im eine unsichtbare Kraft, die es ihm ermöglicht, endlich sichtbar zu werden und etwas aus sich zu machen. Doch der Hut bleibt nicht mehr bei ihm, er wandert weiter zu den verschiedensten Personen – und bei jedem bewirkt er eine Änderung seines Lebens.

Meine Bewertung:

„Der Hut des Präsidenten“ war für mich das erste Buch, das ich von Antoine Laurain gelesen habe. Ich war wirklich begeistert von der Geschichte, den einzelnen Stationen des Hutes und der Entwicklung der Protagonisten. Was für eine großartige Idee und etwas komplett anderes als sein erstes Buch „Das Bild aus meinem Traum“. Und gerade das finde ich hervorragend. Der Nachfolger ist in keiner Weise ein Abklatsch des ersten Buches und wurde für mich direkt einer der Buchfavoriten 2016 – und stand auch mit ganz oben auf der Liste.

Das Zitat zu Beginn des Buches ist mehr als treffend für die Geschichte:

Ein Hut auf dem Kopf verleiht einem eine unleugbare Autorität über die, die keinen tragen.
(Zitat von Tristan Bernard, aus „Der Hut des Präsidenten“)

Jeder einzelne der Träger wird selbstbewusster und gibt seinem Leben danach eine komplett neue Wendung – auch wenn es manchmal schmerzhaft ist, diesen neuen Weg einzuschlagen. Manch einer von ihnen begreift sogar, dass der Hut nicht für einen alleine gemacht ist und gibt ihn sogar freiwillig wieder frei. Es scheint tatsächlich, als hätte der Hut einen Teil der Autorität seines Besitzers übernommen.

Ich wollte die Rezension schon sehr lange schreiben, war aber auf der Suche nach „dem“ Hut für die Fotos. Es konnte einfach nicht irgendeiner sein. Irgendwann fiel es mir ein, welchen Hut ich dafür brauchte: Den Hut meines Opas, ein richtig gutes, altes Stück, auch mit seinen Initialen darin. Bevor ich anfing, die Buchbewertung zu schreiben, habe ich ihn aufgesetzt. Der Effekt: Ich habe mich aufgerichtet, den Kopf höher und gerader gehalten und habe versucht, mir vorzustellen, wie er ihn getragen hat. Ja, ein Hut kann Einfluss auf die Haltung haben und wer weiß, vielleicht dadurch auch auf die persönliche Einstellung. Ich habe keine Ahnung, was Antoine Laurain auf die Idee gebracht hat, aber die Geschichte hat mich von Anfang an gepackt und ich war gespannt, was noch alles passiert. Und vor allem, ob der Präsident selbst noch einmal ins Spiel kommt.

 

Mein Fazit:


Ich liebe dieses Buch – wenn ich mehr als 5 Lämpchen hätte, würde ich sie dafür vergeben. Meine absolute Leseempfehlung für dieses überraschende Roadmovie der anderen Art: Ein Hut geht auf große Reise und vollbringt dabei gute Taten. Wer hätte das gedacht. Eine phantastische Überraschung. 🙂

 

 

Liebe mit zwei Unbekannten

 

 

 

 

Darum geht es: 

Laure wird überfallen und dabei schwer verletzt. Buchhändler Laurent findet eines morgens eine fast neue, lila Damenhandtasche auf einem Mülleimer. Er vermutet direkt, dass sie seiner Besitzerin gestohlen wurde und nimmt sie mit. Zu Hause untersucht er die Tasche, findet aber keinen konkreten Hinweis auf ihre Besitzerin. Er findet lediglich ein rotes Notizbuch, ein Buch mit Widmung des Autors, Parfum, ein Foto und viele weitere Kleinigkeiten – aber keinen Namen. Er beginnt, die Eintragungen in dem roten Notizbuch zu lesen, ihre Gedanken und Träume, und beschließt, diese Frau kennenzulernen. Obwohl er wenig Chancen hat, anhand der wenigen Gegenstände herauszufinden, wer diese faszinierende Frau ist, gibt er die Hoffnung nicht auf und macht sich auf die Suche nach Laure. Laurent hat sich verliebt in die Gedanken dieser Unbekannten.

Meine Bewertung:

Nachdem ich die ersten zwei Bücher gelesen habe, brauchte ich auf jeden Fall auch „Liebe mit zwei Unbekannten“. Ich musste es einfach lesen und hatte völlig unerwarteter Weise das Glück, dieses tolle Buch zu ertauschen. Was für eine Freude, denn nun habe ich alle bisherigen Bücher von Antoine Laurain komplett.

Dieses Buch habe ich zuletzt gelesen und es ist für mich die ganz große Liebesgeschichte meines Lesejahres 2016 (ja, ich weiß, es ist schon 2015 erschienen, aber trotzdem). Die Vorstellung, dass sich zwei Menschen nur wegen einer Handtasche und deren Inhalt finden, ist einfach schön. Hinzu kommt natürlich, dass diese Lovestory in meiner Herzensstadt Paris spielt und ich mir alles so gut vorstellen kann dank der guten Beschreibungen. Ein Traum. Laure und Laurent sind für mich das Traumpaar 2016. Es passt einfach alles, die lila Handtasche, das rote Notizbuch, Laurents Buchhandlung „Le Cahier Rouge“ (Das rote Heft), eine Frau, die im Koma liegt. Stoff für ganz großes (Kopf-)Kino. „Liebe mit zwei Unbekannten“ ließ mich mit einem Seufzen zurück – einem „Schade, dass die Geschichte schon zu Ende ist“-Seufzer.

Ich möchte gar nicht viel mehr über „Liebe mit zwei Unbekannten“ schreiben aus Angst, euch zu viel zu verraten. Lest es einfach selbst. Ein klitzekleines Zitat daraus möchte ich euch aber noch mitgeben:

„Nein“, sagte der Arzt sanft und wandte den Kopf zum Fenster. „Ich danke Ihnen. Machen Sie schöne Dinge, Laure, seien sie glücklich, versuchen sie es zumindest, das Leben hängt an einem Faden, die Erfahrung haben sie gemacht.“ (Zitat Seite 182)

Anmerken möchte ich noch, dass es Sinn macht, die Bücher in dieser Reihenfolge zu lesen, wenn man kleine Details aus den anderen Büchern wiederfinden möchte. Ihr wisst ja, ich finde das klasse.

Mein Fazit:

Bisher mein allerliebstes Antoine Laurain Buch. Mal sehen, ob er das mit dem nächsten Buch noch einmal übertrifft. Nach „Der Hut des Präsidenten“ schien mir das schon nicht möglich, doch der Autor setzt noch einen drauf. Und wieder eine komplett andere Geschichte. Hier würde ich am liebsten auch mehr als fünf Lämpchen vergeben.

 

Zum guten Schluss mein Senf zu allen drei Büchern von Antoine Laurain

 

 

Nicht ganz verständlich ist für mich, warum die Romane in umgekehrter Reihenfolge erschienen sind, aber tragisch ist das nicht, da sie ja völlig eigenständig und unabhängig voneinander sind. Auch wenn es kleine Wiedererkennungswerte gibt. Sehr gut gefällt mir die Aufmachung der Ausgaben des Atlantik Verlages. Zusammen sind sie doch wirklich ein Traum – besonders die Farbgebung und die Schlichtheit der Cover.

Jeder Roman hat ein eigenes Thema und ist anders als der vorhergehende. Aber ein roter Faden zieht sich durch alle Geschichten: Es geht immer um Menschen, die vor einem Wendepunkt stehen und vor einer Entscheidung. Frauen und Männer, die ihr Leben umkrempeln und etwas ganz Neues wagen beziehungsweise, die sich auf neue Beziehungen einlassen. Menschen auf der Suche nach Liebe und Glück (oder auch Erfolg). Das Zitat aus „Liebe mit zwei Unbekannten“ trifft die Grundaussage sehr gut: Sei du selbst, versuche glücklich zu sein (womit auch immer), du hast nur dieses Leben – und das kann ganz schnell zu Ende sein. Oder, um es mit dem allseits bekannten Spruch auszudrücken: Nutze den Tag!

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Atlantik Verlag für diese wunderschönen Bücher und die großartige Überraschung zum Erscheinen von „Das Bild aus meinem Traum“. Was für eine Freude! Ein bisschen habe ich ja die Hoffnung, dass dieser sympathische Autor zur nächsten Frankfurter Buchmesse kommen wird – denn schließlich ist Frankreich 2017 das Gastland. Wenn das kein guter Grund ist!

Informationen zu allen drei Büchern und dem Autor findet ihr auf der Internetseite des Atlantik Verlages.

 

 

Falls ihr die Bücher noch nicht gelesen habt, wäre das mein Tipp für 2017. Unbedingt nachholen.
Viel Freude beim Lesen und noch einen schönen Sonntag!

Deborah