Autorentag bei Bücher Roth und Offenburger Geschichten von Jutta Bissinger

Und noch eine Premiere: Heute stelle ich euch einmal etwas Regionales/Lokales vor. In diesem speziellen Fall ein Buch über die Stadt, in der ich geboren wurde. Außerdem erzähle ich euch ganz kurz vom Autorentag der Buchhandlung Roth. Ausführlichere Berichte dazu gibt es bei Baden Online und der Badischen Zeitung.


„Um fünf am Stadtbuckel“ von Jutta Bissinger ist Hommage an meine Heimatstadt Offenburg. Der Titel war mir schon im Internet aufgefallen, ich wollte das Buch aber auf jeden Fall vor Ort anschauen und vielleicht auch kaufen.



Was für ein wunderbarer Zufall, dass ausgerechnet während unseres kurzen Aufenthalts in Offenburg 11 Autoren und Verleger in in der Buchhandlung Roth für einen Tag den Geschäftsbetrieb übernahmen, damit die Angestellten einen Betriebsausflug machen konnten. Dieser Seitenwechsel war eine tolle Idee, an der die Autoren offensichtlich auch Spaß hatten. Als ich die Anzeige am Sonntag in der Zeitung las, war ich direkt Feuer und Flamme und musste natürlich am Montag hin. Die Autoren stellten sowohl ihre eigenen Bücher als auch ihre Lieblingsbücher vor.


Es hat sich gelohnt, denn wir hatten einige interessante Gespräche mit Daniel Kampa, dem Verleger von Hoffmann & Campe, Bernd Leix (der Förster, aus dessen Schwarzwald Krimis wohl sprichwörtlich das Blut tropft, der selbst aber lustig und sehr hilfsbereit daher kommt) und Rita Hampp, der ich gerne ihren Krimi „Baden-Badener Roulette“ abgekauft habe, natürlich auch signiert. Ich hätte mich gerne auch mit den anderen unterhalten. Aber dann wäre mein Einkauf bestimmt noch größer ausgefallen.

Als ich „Um fünf am Stadtbuckel“ dann in der Buchhandlung Roth entdeckte und in der Hand hielt, hatte mich die Autorin schon beim ersten Kapitel „Ein Tütchen ist keine kleine Geige“ mit diesen Worten:


„Am Lindenplatz stand sie so oft vor dem Schaufenster von Tante Roselies Spielwarenladen, in der Langestraße vor dem Tiergeschäft, in dem man Goldhamster, Vögel und Fische kaufen konnte. Vor den Toren der Stadt gab es einen Baggersee mit dem lustigen Namen „Gifiz“ zum Schwimmen…“ (Zitat Seite 5).


Allein diese wenigen Zeilen beinhalten für mich schon so viel Kindheitserinnerungen. Meine Oma wusste genau, an Tante Roselies kam sie mit mir nicht vorbei, wenn wir in der Stadt waren – zumindest gucken musste sein. Und die Gifiz verbinde ich auch mit einigen schönen und auch weniger schönen Erinnerungen. Aber das ist (wieder einmal) eine andere Geschichte.


Jutta Bissinger hat mir ihr Buch (eigentlich ein kleines Büchle, aber sehr gehaltvoll) ans Herz gelegt und war mir auf Anhieb sympathisch. Sie signierte mir das Buch (vielen Dank dafür und für das Foto!), das mit Sicherheit ein bleibender Schatz in meiner Bibliothek bleiben wird, auch wenn es eher von Zeiten erzählt, die noch weiter in die Vergangenheit gehen.


Das findet ihr im Buch:


Wunderbare Geschichten und humorvolle Anekdoten ab etwa Mitte des letzten Jahrhunderts und jede Menge alte Bilder, die mich zum Staunen brachten. Schon allein das Titelbild aus den 60ern ist beeindruckend. Man sieht darauf, wie das Burda-Hochhaus gebaut wird und anstatt des Schwanenbaus mit dem früher bei uns sehr beliebten „Kaffee-Auspuff“ (Cortina) noch der alte Schwanen am Stadtbuckel steht. Ein kleines Geschichtsbuch mit vielen lebendigen Erinnerungen.


Meine Bewertung:


Wieder zu Hause in meiner neuen Heimat, hab ich mir als nächstes direkt „Um fünf am Stadtbuckel“ geschnappt. Nachdem meine Mutter das Buch schon angeschaut und so vieles wiedererkannt hatte, war ich einfach wunderfitzig (zu deutsch: neugierig).


Erstmal habe ich die Bilder angeschaut und doch einige Male den Kopf geschüttelt, was für schöne alte Gebäude geopfert wurden für hässliche Neubeuten. Bestes Beispiel: Das alte Spinner-Kaufhaus, das in den 70er Jahren durch ein quietschbuntes Gebäude in den typischen Farben dieses Jahrzehntes (Orange, Gelb…) ersetzt wurde. Obwohl ich es seit meiner Kindheit so kenne, gefiel es mir nie. Wie gerne hätte ich das alte Kaufhaus gesehen.



Die Anekdoten und Geschichten sind sehr gut ausgewählt und beschreiben viele Aspekte des damaligen Lebens in Offenburg. Noch dazu sind sie schön geschrieben und mit passenden Fotos aus der Zeit dokumentiert. Obwohl mir persönlich vieles nichts sagte, weil es einfach weit vor meiner Zeit war, habe ich viel Interessantes über die Stadt Offenburg und ihre Persönlichkeiten erfahren. Zum Beispiel auch, wie der Name für ein Kino gefunden wurde. Im „Lifa“ (benannt nach der Kinogründerin Lina Farr) habe ich viele Stunden meiner Jugend verbracht und so einige Filme gesehen. Zu schade, dass es zuletzt nach dem Bau des Großkinos am Stadtbuckel den Betrieb eingestellt hat.


Sehr spannend fand ich, dass es in der Oberrheinhalle in den 70ern Konzerte von The Lords, The Who, Jethro Tull und Santana. Und als Sahnehäubchen Pfingsten 76 das „Sunrise Festival“ auf dem Freigelände, bei dem sogar Bob Marley auftrat. Offenburg hatte offensichtlich wilde Zeiten, von denen ich nichts wusste, sogar mit jugendlichen Hausbesetzern. In meiner Jugend (80er Jahre) kam mir die Stadt eher langweilig und bieder vor – so kann man sich täuschen.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass dieses Buch einfach rundum gelungen ist. Klar, es wird hauptsächlich Menschen aus der Umgebung von Offenburg interessieren, oder eben Offenburger, die (wie ich) mittlerweile eine neue/zweite Heimat haben. Für ältere Leser wird es den einen oder anderen Aha-Moment geben, für jüngere (oder besser mittelalte) Leser ist es bestimmt überraschend, Lokalgeschichte in unterhaltsamer Form dargereicht zu bekommen. Ich habe „Um fünf am Stadbuckel“ als äußerst kurzweilig empfunden, da die Anekdoten natürlich auch teilweise sehr lustig sind. Ein lebendiges Stück Geschichte in gut verträglichen kleinen Dosierungen. Einfach perfekt.



Mein Fazit:


Hier gebe ich gerne fünf Leselämpchen für einen schmunzelnden Blick auf die Vergangenheit dieser
großartigen Stadt und ihrer Bewohner. Über einen weiteren Band würde ich mich sehr freuen.


Damit ihr euch noch ein Bild von der Stadt machen könnt, habe ich hier ein paar aktuelle Fotos von Offenburg:


Ich wünsche euch einen schönen 1. Mai!

Deborah