Emiko Jean – Mika im echten Leben


Dieses Buch ist für mich eine echte Ausnahme, denn es war nicht das Cover des Buches, das mich zuerst neugierig gemacht hat, sondern der Klappentext zum neuen Buch von Emiko Jean. Mittlerweile gefällt mir sogar das Cover einigermaßen, denn es zeigt gut Mikas Zerissenheit: Mikas Leben, wie es tatsächlich ist und Mikas Leben, wie es sein sollte. Ich war so neugierig auf ihre Geschichte und habe das Buch diese Woche regelrecht verschlungen.


Darum geht es im Buch von Emiko Jean:


Mika Suzuki ist 35, hat gerade wieder einmal ihren Job verloren, ihre letzte Beziehung ist schon seit Längerem Geschichte, für ihre Eltern ist sie eine ständige Enttäuschung und sie wohnt bei ihrer besten Freundin Hana, deren verwildertes Haus zugerümpelt ist mit Onlinebestellungen. Alles in allem eine ziemliche Katastrophe. Gerade als sie beschließt, von ihrem bisschen Geld etwas Alkohol zu kaufen um sich zusammen mit Hana zu betrinken, klingelt ihr Handy und ihre mittlerweile 16-jährige Tochter Penny ruft an.


Ein Schock für Mika, denn einerseits sehnt sie sich danach, das Mädchen, das sie vor 16 Jahren zur Adoption freigab, kennenzulernen, andererseits schämt sie sich. Bei den Telefonaten mit Penny „optimiert“ sie daher ihr Leben ein „klein wenig“. Das geht so lange gut, bis Penny ankündigt, zwei Wochen später zu Besuch zu kommen. Mika gerät in Panik. Wie soll sie in zwei Wochen schaffen, das Leben zu führen, von dem sie Penny in schillernsten Farben berichtete?


Mika 2.0 hat ihr Kunststudium beendet. Sie lebt in ihrem eigenen, aufgeräumten Häuschen, ist glücklich mit ihrem Freund Leif und reist viel. Außerdem gibt es demnächst eine Austellungseröffnung in ihrer Galerie, in der sie einen neuen Künstler vorstellt. Zum Glück hat Mika Freunde, die mit ihr durch dick und dünn gehen. Doch ist es möglich, innerhalb dieser kurzen Zeit Mika 2.0 zum Leben zu erwecken? Allein schon der Zustand von Hannas Haus spricht dagegen. Von allem anderen mal komplett abgesehen.

Der Klappentext zu "Mika im echten Leben" von Emiko Jean.


Meine Leseeindrücke:


Am Anfang ist es unbegreiflich, warum Mika, die doch offensichtlich der Malerei sehr zugetan ist, ihr damaliges Kunststudium zugunsten eines BWL-Studiums aufgegeben und nie richtig ihren Platz im Leben gefunden hat. Doch nach und nach erfährt man Mikas Geschichte, fühlt ihren Schmerz und kann ihre Angst vor den Erinnerungen verstehen.


Spätestens wenn man Mikas Mutter Hiromi näher kennenlernt, ist es klar, warum Mika solche Schwierigkeiten hat, über ihre Probleme zu reden. Wenn ihr Gilmore Girls geschaut habt, kennt ihr sicher Mrs. Kim, Lanes koreanische Mutter, oder? Von der Art her hatte ich direkt Mrs. Kim im Kopf, als Hiromi beschrieben wurde. Allerdings noch strenger (und zumindest anfangs weit unsympathischer). Hiromi verabscheut alles amerikanische, sie wollte nie aus Japan weg. Und das lässt sie Mika spüren, die ständig das Gefühl hat, alles falsch zu machen. Mikas Vater Shige ist ebenfalls keine große Hilfe für Mika.


Zum Glück hat Mika jedoch seit ihrer Schulzeit einen Fels in der Brandung: Ihre Freundin Hana, die ihr in allen Lebenslagen zur Seite stand und noch immer steht. Sogar bei Pennys Geburt war sie dabei, da Mika natürlich auch hier von ihren Eltern allein gelassen wurde. Und so hilft sie ihr dieses Mal wieder aus der Patsche. Obwohl sie Mikas Idee, dieses Leben von Mika 2.0 zu erschaffen, für reichlich absurd hält und der Meinung ist, Mika sollte Penny die Wahrheit sagen. Auch ihre Freunde Charlie, Tuan und Hayato helfen Mika, wo sie nur können. Bleibt nur noch ein Gespräch mit Leif, ihrem Exfreund, von dem sich Mika nicht in Freundschaft getrennt hatte. Und dann ist da noch ein weiteres Problem: Penny kommt nicht alleine, ihr Vater Thomas wird sie begleiten.

"Mika im echten Leben" mit den Blogmäusen.


Meine Bewertung zum Buch von Emiko Jean:


Emiko Jean hat Mika mit ihrem Buch buchstäblich zum Leben erweckt. Ich liebe diese Geschichte, die mich sowohl zum Lachen als auch zum Weinen brachte, aus den unterschiedlichsten Gründen. Ich liebe die Charaktere, hier ganz besonders Mika, Penny, Hana aber auch all die anderen tollen Menschen um Mika herum. Es gefällt mir auch unheimlich gut, dass Mika letztendlich erkennt, dass sie sie selbst sein kann und sich nicht ständig schuldig fühlen muss, nicht den Erwartungen von anderen zu entsprechen. Mika sprengt ihre eigenen Ketten, die sie daran hinderten, zu fliegen. Zuletzt war ich richtig stolz auf sie.


Die Autorin geht sehr sensibel damit um, welche Probleme entstehen, wenn Familien in ein anderes Land ziehen und die Eltern dabei ausschließlich in ihren Traditionen verwurzelt bleiben. Mika freut sich als Kind auf ein neues Land, hat ihrerseits dann aber auch Schwierigkeiten mit anderen Kindern – bis sie Hana kennenlernt. Hiromi schottet sich jedoch komplett ab von allem, das nicht mit ihrer japanischen Tradition zu tun hat. Das macht es ihr schwierig, vermutlich leidet sie sehr unter Heimweh. Umso schwerer fällt es ihr, ihre Tochter Mika bei ihrem amerikanischen Leben zu unterstützen.


Auch ein anderer Punkt bekommt noch Beachtung. Penny liebt ihre Adoptiveltern, aber sie vermisst ihrerseits ihre japanischen Wurzeln und möchte mehr darüber wissen. Sie möchte deshalb mehr über Mikas Familie erfahren und nimmt alles wie ein Schwamm in sich auf. Man spürt richtig, das ihr das die ersten 16 Jahre ihres Lebens fehlte. Obwohl sich ihre Adoptiveltern immer liebevoll um sie kümmerten.

Das Buch von Emiko Jean mit Deko auf der Wiese.


Mein Fazit zum „Mika im echten Leben“:


Absolut lesenswert, unvergesslich und für mich eines der Jahreshighlights 2023. Mikas Geschichte hat mich berührt, zum Nachdenken gebracht, ließ mich lachen und weinen und ist deshalb für mich eine perfekte Lektüre zu jeder Zeit. Ich habe die ganze Zeit mitgefiebert, dass alles gut gehen würde. Aber man weiß ja, wie das mit Lügen so ist. Ach ja, ich hatte es gar nicht erwähnt: Es geht neben allen Problemen natürlich um Liebe. 🙂


Eines sollte euch jedoch bewusst sein: Mikas Geschichte tut an manchen Stellen richtig weh und ist sehr emotional. Denn sie hat natürlich nicht ohne Grund Pinsel und Farben weggelegt und nie mehr angefasst. Eine Triggerwarnung ist nicht vorhanden. Vermutlich einfach, weil es sich um ein Buch für Erwachsene handelt? Ich habe keine Ahnung, wie die Verlage das handhaben.

Emiko Jeans Buch ist bereits in den Buchhandlungen erhältlich. Ich habe es vorgestern auch schon in der Buchhandlung meines Vertrauens, der LesArt in Lohmar gesehen. Also besucht doch mal wieder eure Lieblingsbuchhandlung.


Deborah

"Mika im echten Leben" von Emiko Jean mit Blogmäusen und Deko.


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Vielen lieben Dank an dtv für das Rezensionsexemplar. Weitere Infos zum Buch findet ihr auf der Internetseite des dtv Verlages.