Kristin Harmel – Das Buch der verschollenen Namen


Wer mir schon länger folgt, weiß vermutlich, dass ich seit ihrem grandiosen Erstlingswerk „Solange am Himmel Sterne stehen“ ein großer Fan von Kristin Harmel bin. Dieses Buch hatte mich vor einigen Jahren so sehr gefesselt. Die Mischung aus Erlebnissen in der Gegenwart in den USA und in der Vergangenheit während des 2. Weltkrieges in Frankreich war so unglaublich gut gelungen. Das Buch hallt bis heute bei mir nach.


Diesem Erzählstil ist Kristin Harmel auch in ihren folgenden Büchern treu geblieben. Im letzten Jahr konnte sie mich wieder verzaubern und mitfiebern lassen bei „Das letzte Licht des Tages“, eine weitere Geschichte über Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges und die Auswirkungen in die Gegenwart. Und dieses Jahr führt sie uns ein weiteres Mal zurück in die Vergangenheit, ins Jahr 1942 nach Paris. Keine Frage, dass ich auch „Das Buch der verschollenen Namen“ lesen musste.


Darum geht es:


Eva Traube und ihrer Mutter gelingt 1942 in letzter Minute die Flucht aus Paris, bevor sie deportiert werden. Ihr Vater hatte ihr einige Ratschläge gegeben, bevor er selbst abgeholt wurde. Mit von ihr selbst gefälschten Papieren schaffen sie es, nach Aurignon zu fliehen. Eine noch freie Zone, in der viele Flüchtlinge ankommen und mithilfe von verschiedenen Organisationen in die Schweiz flüchten. In Aurignon finden sie Unterschlupf in einer Pension. Durch Evas sehr gut gefälschten Ausweispapiere kommt sie in Kontakt mit Père Clement, der sie bittet, flüchtenden Menschen – und insbesondere Kindern – zu helfen, indem sie zusammen mit dem Widerstandskämpfer Rémy in großem Stil Papiere fälscht.


Eva ist zunächst skeptisch. Doch während ihre Mutter von Wut und Trauer zerfressen Eva die Schuld an der Abholung ihres Vaters gibt, stürzt sich Eva in die Arbeit und rettet so unzähligen Kindern das Leben. Da die Kinder eine neue Identität erhalten, ist es Eva ein großes Anliegen, ihre Namen zu bewahren. Zusammen mit Rémy entwickelt sie ein System, die Namen verschlüsselt in einem Buch zu markieren. Im Laufe der Zeit kommen sich Eva und Rémy näher, verlieben sich ineinander. Doch ihre Liebe hat wenig Chancen, denn Rémy wird von der Résistance an anderer Stelle gebraucht. Kurz nachdem Rémy verschwunden ist, wird ihre Widerstandszelle verraten und ihre geheimen Aufzeichnungen zur tödlichen Gefahr. Doch das Buch der verschollenen Namen ist ebenfalls verschwunden.


Es taucht erst 60 Jahre später wieder auf und reißt alte Wunden im Leben der Bibliothekarin Eva Abrams wieder auf…

Klappentext zu Kristin Harmel "Das Buch der verschollenen Namen" + Blogmaus


Meine Bewertung:


Wie zu erwarten, ging mir auch Evas und Rémys Geschichte wieder sehr zu Herzen. Egal wie viele Bücher ich darüber lese, es wird für mich immer unfassbar und erschreckend bleiben, welche Grausamkeiten es damals im Zweiten Weltkrieg gab und wie groß das Leid war. Kristin Harmel gelingt es auch in „Das Buch der verschollenen Namen“, die Schicksale der Menschen, und hier insbesondere der jüdischen Bevölkerung, greifbar zu machen. Ich finde es unheimlich wichtig, die Erinnerungen lebendig zu halten, denn wie wir alle immer häufiger sehen und ahnen, kann so etwas jederzeit wieder passieren. Traurigerweise. Eigentlich sollte man meinen, die Menschheit hätte sich fortentwickelt – aber in den letzten Jahren beweist sie ständig das Gegenteil.


Ich mag Kristin Harmels Art, Geschichten zu erzählen, unheimlich gerne. Diese Verbindung aus Vergangenheit und Gegenwart und die Verknüpfung verschiedener Schicksale. Bei „Das Buch der verschollenen Namen“ habe ich eigentlich nur einen Kritikpunkt: In dieser Geschichte kommt mir die Gegenwart etwas zu kurz, ich hätte gerne mehr gelesen über Evas Leben in den vergangenen 60 Jahren. Man erfährt nicht viel darüber, warum sie und ihr Sohn sich doch eher entfremdet haben und wie ihre Ehe war, nachdem aus der mutigen Studentin und Widerstandskämpferin eine brave Ehefrau geworden ist. Es scheint fast so, als wäre Evas Licht nach 1945 erloschen und erst 2005 wieder entzündet worden durch den Fund des Buches. Der Fund, der sie ausgerechnet in das Herz des ehemaligen Feindeslandes nach Berlin führt.


Das ist schade, denn für mich ist Eva eine unheimlich starke Protagonistin, die mit gerade einmal 21 Jahren alles aufs Spiel setzt, um so viele Menschen wie möglich zu retten ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit. Sie ist warmherzig und zugleich mutig. So ist es kein Wunder, dass sie sich zu Rémy hingezogen fühlt, sie ergänzen sich perfekt und bilden ein tolles Team. Und weit mehr als das. Doch leider stehen die Zeichen auf Sturm und sie haben keine große Chance für ihre Liebe. Ihr solltet also auf jeden Fall Taschentücher bereitstehen haben – falls ihr genau so nah am Wasser gebaut habt, wie ich.


Leider konnte ich bisher noch nichts über die wahre Begebenheit herausfinden, die Kristin Harmel zu diesem Buch inspiriert hat. Denn dieses Mal gab es keine Anmerkungen der Autorin. Sollte ich dazu eine Information finden, werde ich sie aber natürlich hier nachtragen.

"Solange am Himmel Sterne stehen", "Das letzte Licht des Tages" und "Das Buch der verschollenen Namen" von Kristin Harmel + Paris-Deko


Mein Fazit zum neuen Buch von Kristin Harmel


Auch wenn ich ein bisschen etwas vermisst habe und „Das Buch der verschollenen Namen“ für mich nicht an „Solange am Himmel Sterne stehen“ heran reicht, ist es eine wunderschöne und spannende neue Geschichte von Kristin Harmel. Die Story ist lesenswert und hat mich in ihren Bann gezogen, sodass ich das Buch auch schon in zwei Tagen zu Ende gelesen hatte. Ich gebe für dieses Buch eine dicke Leseempfehlung, insbesondere, wenn ihr euch für Romane mit geschichtlichem Hintergrund interessiert.


Das herbstliche Paris-Cover macht auch gerade jetzt viel Lust darauf, das Buch zu lesen. Schön eingepackt in Kuscheldecke und mit Kaffee oder Tee – und rein prophylaktisch der Taschentuchbox.


Schaut euch dieses tolle Buch unbedingt mal bei der Buchhandlung eures Vertrauens an. Das Original-Cover ist wirklich unheimlich schön und schreit geradezu danach, es zu streicheln. Ich denke, „Das Buch der verschollenen Namen“ ist ein tolles Geschenk für sich selbst oder für gute Freunde.


Ich wünsche euch spannende Unterhaltung mit Kristin Harmels neuem Buch und lege euch natürlich auch die älteren Bücher ans Herz. Wenn ihr diese Erzählweise und die Themen mögt, seid ihr bei Kristin Harmels Büchern gut aufgehoben.


Deborah


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Vielen lieben Dank an den Knaur Verlag für das Rezensionsexemplar. Weitere Infos zu Kristin Harmel und Das Buch der verschollenen Namen findet ihr auf der Internetseite des Verlages.