Antje Sievers – Die Judenmadonna


Ich habe mit Antje Sievers‘ „Die Judenmadonna“ das erste Mal seit langer Zeit einen historischen Roman gelesen. Eine fiktive Geschichte um ein Gemälde von Martin Schongauer und eine unmögliche Liebe.


Darum geht es:


Im Jahr 1470 begleitet die 13jährige Golda ihren Vater Jakob zum Rossmarkt in Straßburg. Jakob ist ein jüdischer Pferdehändler aus Bergheim. Golda wagt sich ohne ihren Mantel mit dem Judenfleck auf den Markt und erfährt zum ersten Mal, wie es ist, wie ein ganz normaler Mensch behandelt zu werden. Am Münster trifft sie auf einen Mann, der ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. Er ist jedoch ein Christ und somit für sie unerreichbar.


Nur ein Jahr später werden Golda und ihr Vater auf einer weiteren Marktreise überfallen. Jakob überlebt den Überfall nicht, Golda wird geschändet und halbtot von freundlichen Menschen in ein Kloster gebracht. Dort wird sie gesund gepflegt. Golda kann sich zunächst nicht mehr erinnern, wer sie ist. Als feststeht, dass sie ein Kind unter dem Herzen trägt, muss sie das Kloster wieder verlassen. Außerdem kommt ihre Erinnerung zurück und die Schwestern werden argwöhnisch, weil Golda lesen und schreiben kann.


In Colmar begegnet sie dann dem Mann aus Straßburg wieder – es ist der Künstler Martin Schongauer, der ihr trotz ihres Zustandes eine Stelle als Haushälterin in seinem Haus anbietet. Er ahnt jedoch nichts davon, dass Golda, die sich jetzt Gertrud nennt, Jüdin ist. Schon bald wird Golda die Geliebte und Muse des Künstlers, der selbst Judenfeind ist. Golda fühlt sich sicher, doch ein Inquisitor hat bereits ihre Spur aufgenommen…

Klappentext zu "Die Judenmadonna" von Antje Sievers


Meine Eindrücke zu „Die Judenmadonna“ von Antje Sievers:


Dieser gut recherchierte Roman spielt im Elsass im 15. Jahrhundert, einer Zeit, in der angebliche Hexen verfolgt und gefoltert und Juden aus den Städten vertrieben wurden.


Zunächst hatte ich etwas Schwierigkeiten mit der ungeschönten Beschreibung des Lebens im 15. Jahrhundert. Insbesondere die Art, wie Frauen behandelt wurden, ist ziemlich heftig und manches Mal schwer zu ertragen.


Aber die Geschichte um das jüdische Mädchen Golda und den Colmarer Maler Martin Schongauer ist sehr spannend und fesselnd. So bekommt man einen guten Eindruck des Lebens in diesen Zeiten und natürlich auch des jüdischen Lebens und der strengen Sitten. Das künstlerische Schaffen und das Wirken den Inquisition sind weitere Themen, über die ich mehr erfahren habe.


Besonders im ersten Teil des Buches erfährt man viel über Goldas Alltag in Bergheim und die strenge Erziehung durch ihren Vater. Aber auch über die täglichen Gefahren, den Hass und das Misstrauen, das der Familien Tag für Tag entgegenschlägt – geschürt von der christlichen Obrigkeit. Kein leichtes Leben.

Antje Sievers' Buch mit Deko


Meine Bewertung zu „Die Judenmadonna“:


„Die Judenmadonna“ von Antje Sievers ist eine Geschichte, die nichts verharmlost und zeitweise ziemlich brutal (Vergewaltigung, Mord, Folter…), aber auch sehr lesenswert ist. Für mich ging das manchmal hart an die Schmerzgrenze, aber wenn man genauer darüber nachdenkt, war das mittelalterliche Leben weit entfernt von unserer romantisierten Vorstellung und Frauen und Juden waren damals auf der untersten Stufe.


Ich habe für meine Verhältnisse sehr lange gebraucht, um es zu Ende zu lesen – und das lag nicht an der Dicke des Buches. Mit 378 Seiten gehört es sicher zu den dünnen Exemplaren im Bereich historischer Romane. Das Buch hat mich ehrlich gesagt auch wütend gemacht und manchmal habe ich im wahrsten Sinne die Luft angehalten beim Lesen.


Es ist paradox: Frau wurden misshandelt und missbraucht und dafür auch noch bestraft oder als Hexen beschimpft und vielleicht sogar getötet. Und das alles im Namen des Glaubens. Kommt euch das bekannt vor? Mir auch – gibt es auch heute noch. Genau wie Antisemitismus und Ausländerhass im Allgemeinen. Ist es nicht eine Schande, dass die Menschheit im 21. Jahrhundert noch kein bisschen klüger geworden ist oder sich sogar wieder zurück entwickelt? Ich finde es erschreckend. Ein Problem mehr auf dieser Welt, das endlich einmal beseitigt werden sollte.


Daher braucht es solche Geschichten wie „Die Judenmadonna“ von Antje Sievers, um uns daran zu erinnern, was war und eigentlich nie mehr so sein sollte. Da mich diese fiktive Geschichte doch sehr berührt hat, habe ich mir erst einmal die Gemälde des Malers Martin Schongauer im Internet angeschaut und auch etwas über das Mittelalter gelesen.

Das Buch vor einer Mauer im Garten mit Deko und Blogmaus


Mein Fazit:


Ich gestehe, es fiel mir verdammt schwer, die richtigen (korrigiere: die für mich richtigen) Worte zu finden zu Antje Sievers’ Buch „Die Judenmadonna“. Wegen des Themas dauerte es auch einige Zeit, bis ich mich überhaupt an das Buch heran traute. Obwohl es ein historischer Roman ist, habe ich es als schwere Kost empfunden. Nicht falsch verstehen: Die Geschichte liest sich sehr gut, man muss sich nur im Voraus darüber klar sein, dass die Autorin sehr klare Worte findet. Bei den mittelalterlichen Romanen, die ich bisher gelesen habe, handelte es sich zumeist um Bücher von Andrea Schacht. Auch sie schilderte die Verhältnisse der damaligen Zeit sehr plastisch, aber eben lange nicht so drastisch. Somit war dieses Buch für mich quasi das nächste Level.


Wenn euch mittelalterliche, detailgetreue historische Romane interessieren, solltet ihr „Die Judenmadonna“ unbedingt einmal anschauen und im Buchhandel vor Ort bestellen. Von mir gibt es eine dicke Leseempfehlung für dieses wichtige Buch, das leider viel zu wenig Beachtung bekommen hat.


Ich wünsche euch spannende Unterhaltung,


Deborah

"Die Judenmadonna" von Antje Sievers umgeben von weißen Rosen


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Folgenden Link kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung:


An den Conte Verlag geht ein herzlichen Dankeschön für das Rezensionsexemplar. Weitere Infos zu Antje Sievers‘ “Die Judenmadonna“ findet ihr auf der Internetseite des Conte Verlages.