So langsam arbeite ich mich durch die diesjährigen Bücher von der Buchmesse. Hier also meine erste Messenachlese. Dieses Buch von Barbara Brandt (Pseudonym von Klaus Brandt) wurde mir mehrfach ans Herz gelegt und ich habe nicht bereut, es zu lesen.
Darum geht es:
Iris erzählt im Seniorenheim in Frankreich ihre Erlebnisse aus dem Sommer 1975. Dem Jahr, in dem sie auf der Fähre zwischen England und Frankreich den Engländer Robert kennenlernt. Der Mann, der später in ihrem kleinen Landhotel in der Normandie Gast ist und mit dem sie 4 Tage eine leidenschaftliche Affäre hat. Der Mann, den sie offensichtlich nie vergessen konnte, obwohl sie sich gegen ihn und für ihren Ehemann Albert entschieden hatte. Eine Entscheidung, die sie im Nachhinein bereute.
Zehn Jahre nach der Abreise Roberts findet Iris ein Bild, das Robert und ihre mittlerweile tote Zwillingsschwester als Liebespaar zeigt – wenige Monate bevor ihre Schwester starb. Natürlich fragt sie sich, ob Robert zu ihr zurückkommen wollte und versucht herauszufinden, was passiert ist.
Meine Bewertung:
Iris Geschichte ist sehr bewegend und ich kann verstehen, warum Iris auch noch Jahre später mit sich hadert, warum sie Robert gehen ließ. Mit ihm fühlte sie sich voller Leben und genoss jede Sekunde. In dieser kurzen Zeit wurde ihr klar, dass sie diesen Mann wirklich liebt. Und doch entscheidet sie sich aus Vernunftgründen und vermutlich auch aus Schuldgefühlen für ihren Ehemann Albert, mit dem sie schon lange nichts mehr verbindet, falls es das je hat.
Teilweise hatte ich wirklich das Gefühl, einer alten Dame bei ihren Erzählungen aus der Vergangenheit zu lauschen. Im Endeffekt wechselt Iris ständig ihre Erzählung, Erinnerung und Fiktion zerfließen – sie selbst gibt zu, es nicht mehr zu wissen, wie es tatsächlich war. Vom ersten Kennenlernen auf der Fähre bis zum Ende ihrer Affäre ist alles recht unklar. Ist sie tatsächlich mit Robert in dem Doppeldecker ihres Freundes Penderyn geflogen? Gab es das heiße Stelldichein in der Küche des „Hawk“, oder täuscht sie ihr Erinnerungsvermögen? Alles in unklar. Auch die Geschichten, die Robert ihr erzählt werden jedes Mal abenteuerlicher und unglaublicher. Und genau das macht für mich den Reiz des Buches aus. Der Autor bringt das hervorragend herüber. Wenn ich es nicht gewusst hätte, wäre ich davon ausgegangen, dass das Buch von einer Frau geschrieben wurde.
Dann ist da noch das gespannte Verhältnis von Iris zu ihrer Zwillingsschwester Sally, die immer das Gefühl hat, hinter Iris im Schatten zu stehen und offensichtlich unter starken Depressionen litt. Offensichtlich wusste sie von Iris‘ Geheimnis durch deren Tagebücher, was Iris das Leben nach Robert nicht leichter macht.
Iris Erlebnisse und die hinzu gesponennen Erinnerungen und Erzählungen sind verwoben zu einer wunderschönen, traurigen Liebesgeschichte mit einem unerwartet positiven Ende. Wer hier schon länger mitliest, kennt mein Lieblingszitat zum Thema Ende…
Mein Fazit:
„Der Mann an der Reling“ von Barbara Brandt ist ein Buch, das ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte – wahrscheinlich weil ich so selten bei amazon schaue. Wie gut, dass es auf der Frankfurter Buchmesse den Weg zu mir gefunden hat, denn es hat mir einige sehr schöne Lesestunden bereitet. Meine Bewertung liegt zwischen 4 und 5 Lämpchen. Zu einer hervorragenden Wertung fehlt noch ein klitzekleiner Kick, aber es ist dennoch ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat.
Ich bedanke mich herzlich bei amazon publishing und bei Buch Contact für das Rezensionsexemplar des Buches.
Euch wünsche ich viel Spaß beim Lesen!
Deborah