Leonie Swann – Mord in Sunset Hall


Auf die neue Krimi-Komödie von Leonie Swann war ich sehr gespannt. Der Klappentext hat mich meganeugierig gemacht. Vorab muss ich dazu sagen, dass ich bisher nur ein Buch der Autorin gelesen habe. Aber „Glennkill“ von Leonie Swann konnte mich damals leider nicht begeistern. Vielleicht lag es an den Schafen, wer weiß, vielleicht wird es auch noch einmal Zeit für ein nochmaliges Lesen. Die angekündigten Senioren-Ermittler wollte ich mir jedoch nicht entgehen lassen….


Darum geht es:


In der Senioren-WG Sunset Hall herrscht große Aufregung. Zwei alte Damen wurden ermordet! Lillith, eines der Mordopfer, war eine Mitbewohnerin der WG und wird schmerzlich vermisst. Die andere Dame, Mildred Puck, wohnte in der Nachbarschaft. Sie war nicht sehr beliebt, konnte sich aber seit einem Schlaganfall auch nicht mehr selbstständig bewegen. Insofern für die Senioren der WG kein großer Verlust, außer für Agnes, die früher mit Mildred befreundet war.


Beide Frauen wurden erschossen mit einer alten Waffe. Die Polizei tappt im Dunkeln. Da sich die Bewohner von Sunset Hall durchaus bedroht fühlen, beschließen sie, den Mörder selbst zu stellen. Das wäre doch gelacht, immerhin sind sie zu sechst.


Ein bisschen mehr zum Inhalt und den Charakteren:


Leonie Swann hat in „Mord in Sunset Hall“ eine illustre und liebenswerte Gruppe ältere Herrschaften zusammengestellt, über die ich euch gerne etwas erzählen möchte:


In Sunset Hall hat sich eine ganz besondere Senioren-WG zusammengefunden. Agnes ist die eigentliche Besitzerin von Sunset Hall, das eigentlich einmal Morning Cottage hieß. Wegen der eigentümlichen WG hatte sich ein Dorfbewohner irgendwann den Spaß gemacht, den Namen zu überpinseln und das Cottage frech umzubenennen in Sunset Hall. Eigentlich sollte es ein Streich sein, aber den Bewohnern gefiel der Name so gut, dass er daraufhin tatsächlich übernommen wurde. Die Dorfbewohner stehen der WG ohnehin skeptisch gegenüber, weil sie denken, dass die Bewohner Hippies sind.


Agnes ist 87 oder 78 – so genau weiß sie das nicht mehr. Darüber hinaus verschweigt sie ihren Mitbewohnern, dass sie massive Hörprobleme hat, weil sie manchmal nur noch einen lauten Pfeifton hört. Sie tut dann einfach so, als würde sie dem Gespräch folgen – sofern sie nicht einfach mal umfällt und schläft. Außerdem merkt Agnes selbst, dass sie oft ihre Gedanken nicht mehr sortiert bekommt und in die Vergangenheit abdriftet. Oder aber sie vergisst unterwegs ihren Plan, weiß nicht mehr, wo sie hin wollte oder wo sie sich gerade befindet. Und wenn sie etwas sagen möchte, kommen manchmal ganz andere Worte aus ihrem Mund, als sie gerade dachte.


Aber auch die anderen Bewohner sind nicht mehr so ganz taufrisch und haben durchaus ihre Eigenheiten. Da wäre zum Beispiel Edwina, die früher so eine Art Spionin war und ständig in irgendwelche Yoga-Posen verfällt, außerdem ist sie auch sonst ziemlich durchgeknallt und auf Hettie, die Schildkröte fixiert. Ihre selbst gebackenen Kekse sollte man besser meiden.


Bei Bernadette, die blind ist, und Winston, der im Rollstuhl sitzt, gibt es keine Probleme mit Demenz oder ähnlichem. Beim Marschall hingegen sieht es leider anders aus. Er spürt ganz deutlich, dass bei ihm die Demenz fortschreitet, denn er vergisst sehr viel und sehr schnell. Und das macht ihm ziemlich zu schaffen. Ansonsten kann man über Marschall noch sagen, dass er Agnes sehr zugetan ist und sich große Sorgen um ihren Zustand macht. Zu guter Letzt ist da noch Charlie, die zusammen mit Brexit als neue Mitbewohnerin zu der WG stößt. Charlie ist sehr lebensfreudig und liebt extravagante Kleidung. Sie wirkt wie eine Verjüngungskur für die WG.


Ach ja, erwähnt hatte ich sie ja schon, aber noch nichts Genaueres zu ihnen erzählt: Hettie und Brexit, die beiden tierischen Mitbewohner, die einiges zusammen mit den alten Leutchen erleben. Hettie ist die Schildkröte der WG, die immer irgendwo drinnen oder draußen frei herumläuft und dazu neigt, zu verschwinden. Hettie macht sich so ihre ganz eigenen Gedanken über die „Großfüße“, die ihr ja gerne mal das eine oder andere Blatt Salat ausgeben. Brexit hat nichts mit dem gleichnamigen Austritt Großbritanniens aus der EU zu tun, sondern ist der herzensgute und treue Wolfshund von Charlie, der sich noch als sehr hilfreich erweist.


Über die verstorbene Lillith erfährt man leider nicht sehr viel, aber auch sie war wohl ein wichtiges und beliebtes Mitglied der Truppe und war für den Garten zuständig. Ihre Tochter hingegen ist eher verklemmt und alles andere denn sympathisch.


Meine Bewertung zum neuen Buch von Leonie Swann:


Ich sag mal so: Ich liebe es! So kann es gehen: Das damals so gehypte „Glennkill“ war für mich eher eine langweilige Angelegenheit. Die anderen, darauf folgenden Tierkrimis habe ich deshalb gar nicht mehr gelesen. Aber mit „Mord in Sunset Hall“ hat mich Leonie Swann komplett begeistert. Was für eine lustige, traurige, spannende und auch berührende Geschichte. Ich bin so froh, dass ich das neue Buch der Autorin gelesen habe, denn sonst wäre mir tatsächlich viel entgangen. Es ist genau die Mischung, die ich mag: Spannung ja, aber eben nicht nur, sondern auch viel Zwischenmenschliches. Ein perfektes Cosy Crime Buch, das zusätzlich noch in England spielt.


Die alten Herrschaften sind mir so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mich glatt über eine Fortsetzung und ein Wiedersehen mit Agnes, Marschall, Edwina, Bernadette, Winston, Charlie und natürlich Hettie und Brexit freuen würde. Die WG mit dem besonderen Extra (darüber erfahrt ihr im Buch mehr, das werde ich euch nicht verraten 😉 ) ist einmalig und sehr speziell.


Man stelle sich mal eine Gruppe älterer Menschen vor, die versucht, einen Mordfall zu lösen, aber zwischendurch immer mal wieder vergisst, was sie eigentlich tun wollte. Es ist zeitweise schon sehr herzerweichend, insbesondere wenn Marschall oder Agnes wieder einmal komplett vom Weg abkommen, oder Agnes es einfach nicht mehr schafft ihre Gedanken in Worte zu fassen. Bei Agnes hatte ich immer eine ziemlich tüddelige Margaret Rutherford (die gute alte Miss Marple) im Kopf. Für mich war es schon traurig, zu lesen, wie sie sich oft verliert. Gleichzeitig ist es jedoch schön, zu sehen, wie sich diese Senioren gegen eine Abschiebung in eine Seniorenverwahrungsanstalt wie den Lindenhof wehren.


Bevor ihr jetzt aber auf den Gedanken kommt, dass „Mord in Sunset Hall“ von Leonie Swann sehr traurig ist und ihr Unmengen von Taschentüchern braucht: Nein, das stimmt so nicht. Wie gesagt, es hält sich perfekt die Waage. Es gibt natürlich auch Spannung und sehr viele lustige und skurrile Momente. Nur mal so als Beispiel: Agnes ist im Gespräch mit einem Polizisten. Er hat etwas Schwierigkeiten, sie zu verstehen, denn sie konnte leider ihr Gebiss nicht finden. Und plötzlich schleicht völlig unerwartete Schildkröte Hettie vorbei mit dem Gebiss oben auf dem Panzer. Herrje, ich hatte sofort Bilder im Kopf und musste lachen.


Mein Fazit zum Buch von Leonie Swann:


Wenn ihr Cosy Crime Bücher liebt und gerne nebst Spannung auch viel Gefühl und Spaß in einem Buch findet, könnt ihr mit „Mord in Sunset Hall“ von Leonie Swann nichts falsch machen. Es liest sich einfach so weg und bringt euch viele schöne Lesestunden. Mit 446 Seiten hat es eine ordentliche Dicke aber (für mich) keine Längen. Langeweile kam keine auf und die alten Leutchen halten einen ordentlich auf Trab mit ihren Ideen. Und zum Schluss gibt es einen richtig spannenden Showdown, versprochen!


Ich wünsche euch spannende Unterhaltung mit der Senioren-WG von Sunset Hall. Lasst euch nicht täuschen, die Damen und Herren haben es faustdick hinter den Ohren.


Und ich denke jetzt mal darüber nach, die vorherigen Bücher von Leonie Swann noch einmal beziehungsweise noch zu lesen. Vielleicht sollte ich es als einen Wink mit dem Zaunpfahl verstehen, dass ich letzte Woche im Bücherschrank „Glennkill“ gefunden habe. 🙂


Deborah


Ps: Falls sich jetzt jemand von euch fragt, wo ich die Fotos gemacht habe. Es handelt sich um die Gärten bei Schloss Homburg in Nümbrecht. Schloss und Gärten sind wunderschön und immer einen Ausflug wert.


Werbung


Folgenden Link kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung:


Vielen lieben Dank an Literaturtest und den Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar. Weitere Infos zum neuen Buch von Leonie Swann und zur Autorin selbst findet ihr auf der Internetseite des Goldmann Verlages.