Michael Ende – Momo


Ich verrate euch heute ein großes Geheimnis: Trotz der Tatsache, dass ich ein großer Fan von Michael Ende bin und „Die unendliche Geschichte“ eines meiner Allzeit-Lieblingsbücher ist, habe ich Momo bisher nie gelesen (oder den Film angeschaut). Wenn ihr mich nun fragen würdet: „Warum?“ Ich könnte es euch nicht sagen. Als Kind hat es mich nicht interessiert. Was mir jetzt sehr leid tut, denn ich wüsste gerne, wie sich meine Sicht auf die Geschichte geändert hat. Doch jetzt im Januar 2024 war es soweit, Momo wird dieses Jahr 50. Höchste Zeit diesen Klassiker zu lesen – und festzustellen, dass er brandaktuell ist.


Für den Fall, dass ihr nicht wisst, worum es in „Momo“ geht:


Momo ist ein kleines Mädchen, von dem niemand genau weiß, woher sie kam oder wie alt sie ist. Plötzlich ist sie da, und lebt in der Ruine eines Amphitheaters in der Nähe einer großen Stadt. Schon bald erkennen ihre Nachbarn, was für ein besonderes Mädchen Momo ist. Momo ist zufrieden, mit dem Wenigen was sie hat, und kann zuhören, wie es sonst keiner kann. Sie schenkt den Menschen Zeit und oftmals finden sie dann selbst Lösungen für ihre Probleme. Momo hat viele Freunde, besonders Gigi und Beppo Straßenkehrer liegt sie sehr am Herzen. Aber auch die Kinder der Umgebung suchen ihre Nähe, denn mit niemandem macht spielen so viel Spaß wie mit ihr.


Plötzlich ändert sich jedoch etwas, als graue Herren von der Zeitsparkasse in der Stadt auftauchen und den Menschen ihre Lebenszeit rauben. Bald sind die Kinder alleine, weil Eltern keine Zeit mehr haben und sogar Momos Freunde verschwinden nach und nach. Es dauert nicht lange, und sie ist ganz alleine – und genau darauf warten die grauen Herren…

Inhalt von Michael Endes Momo.


Meine Leseeindrücke:


Ich hatte das Gefühl, eine für mich wichtige Geschichte zu lesen. Darum habe ich mir Zeit genommen und Momo in aller Ruhe gelesen. Ganz ohne Hektik. Und ich muss sagen: Ich habe jetzt wohl ein weiteres Lieblingsbuch aus der Feder von Michael Ende. Ein Buch, das schon 1973 veröffentlicht wurde und heute gefühlt aktueller denn je ist. Es scheint, als hätte ich den Buchgutschein, den ich von meinen ehemaligen Kollegen geschenkt bekommen habe, für das genau richtige Buch zur richtigen Zeit eingelöst. Die Jubiläumsausgabe enthält neben der wunderschönen Geschichte mit den ursprünglichen Illustrationen noch viele Seiten mit Gedanken von Michael Ende zu seinem Werk. Und auch diese fand ich sehr interessant.


Die Zeit – oder noch viel mehr die offensichtlich immer fehlende Zeit – ist ein großes Thema des Buches. Schöner, als es es Meister Hora tut, kann man den Zusammenhang zwischen unseren Herzen und der Zeit nicht erklären:


Ist das nicht wunderschön und poetisch? Diese Textstelle hat es mir sehr angetan und ich musste sie mir natürlich markieren. Genau wie diese von den grauen Herren, die mich sehr zum Nachdenken brachte:

Momo mit Schildkröte und Blogmaus.


Gesellschaftskritik?


Bitte bedenkt, dass dieses Buch aus dem Jahr 1973 stammt. Einer Zeit, in der technische Fortschritt so richtig rasant Fahrt aufnahm und damit auch unsere großen Probleme von heute verursachte. Michael Ende wollte nach eigener Aussage keine Gesellschaftskritik schreiben, doch letzten Endes ist es genau das, verpackt in ein Märchen oder Gleichnis. Für Kinder eine spannende und vielleicht lehrreiche Geschichte und für Erwachsene ein Spiegel, der ihnen vorgehalten wird. Immer mehr Konsum, immer mehr angebliche Zeitsparer und trotzdem immer weniger Zeit zum Leben und Zuhören.


Unsere grauen Herren kennen wir ganz genau, oder? Wenn man das Interview mit Michael Ende auf Seite 312 liest, hat man das Gefühl, er hätte es höchstens vor 5-10 Jahren gegeben. Und auch das Ergebnis des Wahnsinns hat er schon damals auf uns zukommen sehen. Um ehrlich zu sein, haben mir diese Seiten eine ordentliche Gänsehaut verpasst. Die Geister, die wir riefen, werden wir nun leider nicht mehr los. Außer, wir besinnen uns auf das, was wirklich ist: Füreinander da sein, lieben, lachen, leben, spielen, staunen und dankbar und zufrieden sein. Vielleicht einfach etwas Kindheit in sich bewahren. Ob wir diese Chance irgendwann noch ergreifen?

Michael Endes Buch in der 50-Jahre-Jubiläumsausgabe mit Deko-Schildkröte


Meine Bewertung zu „Momo“:


Eine Geschichte, die trotz ihres Alters keineswegs altmodisch daher kommt. Sie könnte überall auf der Welt spielen und geht zu Herzen. Ich hatte Spaß mit Momo und habe mit ihr gelitten, gebangt und gehofft. Ich konnte verstehen, dass sie sich einsam fühlte, als alle ihre Freunde nach und nach einfach verschwinden, und fühlte auch ihren Schmerz. Außerdem hätte ich gerne so eine tolle Schildkrötenfreundin – Kassiopeia ist schon klasse. 🙂


Hoffentlich lernen noch viele Kinder und auch Erwachsene diese unvergessliche Geschichte kennen und können ein bisschen etwas für ihr eigenes Leben daraus mitnehmen. Was für ein schöner Gedanke, dass jetzige Großeltern und Eltern ihren Enkeln und Kindern genau diese Geschichte schenken könnten – vielleicht sogar ihr eigenes Buch? Das Schöne an diesem Klassiker: Er ist bestimmt auch in vielen öffentlichen Bibliotheken zu finden. Ihr braucht es also nicht mal unbedingt zu kaufen.


Mein Fazit: Wichtig und eine ganz große Leseempfehlung! Lest „Momo“ und fasst euch an die eigene Nase – wie ich auch. Wie oft hattet ihr keine Zeit, konzentriert zuzuhören, weil irgendwas auf Social Media wichtiger war? Oder wie oft habt ihr dann auch noch ganz nebenbei aus Langeweile etwas bestellt, das laut Instagram und Konsorten unverzichtbar ist? Na, merkt ihr etwas? Unsere Zeit ist nicht unendlich und grenzenloser Konsum macht nicht glücklich. Menschen und Liebe aber schon…


Ich wünsche euch viel Freude beim Lesen.


Deborah


PS: Es gibt auch eine wunderschöne Bilderbuchausgabe zu Momo. Diese werde ich euch bei Gelegenheit auch noch vorstellen.


Werbung (aus Überzeugung und ohne Auftrag)


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Weitere Infos zum Buch von Michael Ende findest du auf der Internetseite des Thienemann Verlages.