Eine wahrhaft unterhaltsame und dennoch wahre Geschichte…
Zum Inhalt:
Timm Kruse konnte es vermutlich selbst nicht verstehen, was das bei diesem Festival in Baden-Baden mit ihm passiert ist: Nachdem er einen Guru umarmt hat, bricht er heulend zusammen. Kurz danach beschließt er, diesem Guru nach Indien zu folgen. Zunächst nur als Urlaub geplant, wird bald mehr daraus. Er beschließt, ein Jahr dem Guru zu folgen. Seine Familie und seine Freundin haben wenig Verständnis für diese Entscheidung. Dennoch wagt er den Schritt und kündigt seinen gut bezahlten Beruf um Fahrer eines Guru zu werden und die Welt gemeinsam mit ihm zu bereisen. Immer auf der Suche nach dem Glück und der Erleuchtung.
Meine Bewertung:
Als allererstes: Ich gebe es zu, ich kann Timm Kruses Entscheidung nicht verstehen. Dieses Leben im Ashram wäre für mich der reinste Horror. Und Indien an sich zählt auch schon nicht zu den Ländern, die ich jemals bereisen möchte. Irgendwie kann ich mir die Geruchsintensität und die Menschenmengen fast plastisch vorstellen – es gruselt mich schon bei dem Gedanken daran. Nach den Beschreibungen von Timm Kruse weiß ich zu 100%, dass ich niemals einen Fuß in dieses Land setzen werde, denn es scheint meine ohnehin schon schlimmen Vorstellungen noch zu übertreffen.Verstehen kann ich aber den Überdruss von unserer Konsumgesellschaft – bei uns wird schon auf sehr hohem Niveau gejammert. In einem Land wie Indien kann man sicher gut Demut und Dankbarkeit lernen oder erfahren.
Umso neugieriger war ich auf dieses Buch. Als End-Dreißiger begibt sich Timm Kruse, nachdem er den Guru in Baden-Baden kennen lernte, auf die Suche nach dem Glück. Er erhofft sich Antworten vom Guru – Antworten, die sein Leben verändern. Zunächst verbringt er einige Zeit im indischen Ashram des Guru und lebt dort mit Europäern unterschiedlichster Herkunft zusammen. Angeleitet (und kontrolliert) werden sie alle vom Guru und seinem „Inner Circle“. Von Anfang an ist und bleibt der Autor skeptisch, was ihn zumindest vor dem Verlust eines größeren Vermögens schützt. Er wird zwar auch immer mehr zum Vertrauten des Guru, doch irgendwie schützt ihn weiterhin sein gesunder Menschenverstand. Auch wenn er ihn offensichtlich verdrängt.
Offensichtlich ist der Wunsch nach Erfüllung und Glück in uns allen vorhanden und zweifelnde Menschen sind ein großes Los für diesen und natürlich auch andere Gurus. So versprechen sie Erleuchtung und das Teilen ihres Wissens, nebst körperlicher und seelischer Gesundheit. Da spendet man doch gerne einmal Beträge im 4 oder gar 5-stelligen Bereich. Und so reist der Guru durch verschiedene Länder und sammelt Spenden – für ein Gesundheitszentrum, das wohl bis heute nicht gebaut wurde.
Timm Kruses Reise ist sehr unterhaltsam beschrieben – trotz der ernsten Untertöne und der Einschübe, was die einzelnen Guru-Jünger für ihre Erkenntnisse eingebüßt haben. Das Buch ist ein richtiges Road-Movie, bei einigen Situationen musste ich wirklich schmunzeln. Bei anderen fragte ich mich, warum er nicht einfach sein Zeug zusammen packt und verschwindet. Erstaunlich ist, wie plötzlich alles endet – genauso unerwartet, wie es anfängt. Auf jeden Fall habe ich großen Respekt vor Timm Kruse, dass er seine Erfahrungen als Buch veröffentlicht hat.
Der Autor hat viel Glück und wird von Familie und Freundin wieder auf- und angenommen – trotz des längerfristigen Aussetzers. Eines hat ihm die Zeit mit dem Guru sicher gebracht: Eine Menge Erfahrung, auch in Bezug darauf, wie viel Besitz wirklich glücklich macht, und die Erkenntnis, welche Freunde wirkliche Freunde sind. Außerdem muss man sagen, dass er wirklich eine tolle Freundin hat, die ihn trotz seiner Eskapaden nicht abgeschrieben hat. Sie hat ihm die Freiheit gegeben, zu tun, was er möchte. Sie ließ ihn gehen und er kam zurück. Ein schönes Ende für die Geschichte – finde ich zumindest.
Sehr lachen musste ich persönlich, weil Timm Kruse ausgerechnet von der Offenburger Polizei nach seiner Rückkehr Post zu Hause vorfand. Es kam da wohl zu einem kleinen Missverständnis im Rahmen der Reise. Was genau passiert ist, verrate ich euch aber nicht, nur so viel: Guru hin oder her, die Tankstellen haben nichts zu verschenken. 😉
Die Aufmachung des Buches ist sehr gelungen, auch wenn der Autor wohl kaum mit einem solchen Mobil unterwegs war. Ich mag die Farben und das Bild – es passt mehr als gut zum Inhalt. Auch mit diesem Buch konnte mich Eden Books überzeugen. Der Verlag hat in diesem Frühjahr ein – wenn auch recht überschaubares – feines Programm. Langsam aber sicher gefallen mir solche Erfahrungsberichte immer besser – so lange sie nicht trocken und langweilig sind. Davon ist „Roadtrip mit Guru“ aber zum Glück weit entfernt! Solltet ihr den spontanen Wunsch empfinden, einem Guru zu folgen, solltet ihr vielleicht vorher dieses Buch lesen – vielleicht bewahrt es euch vor größeren Dummheiten.
Hier der Trailer zum Buch:
Auf dem buntfunktv-Youtube-Kanal findet ihr übrigens auch ein interessantes Interview von Frank Elstner und Timm Kruse. Es handelt zwar eigentlich von seinem ersten Buch „40 Tage Fasten: Von einem, der mal Ballast abwerfen wollte“, befasst sich aber auch mit seiner Zeit mit dem Guru.
Weitere Infos zum Buch findet ihr auf der Internetseite von Eden Books. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und bedanke mich für das wunderbare Rezensionsexemplar.
Deborah