Andrea Nagele – Grado im Sturm


Mal nicht Nordsee, sondern Adria mit Andrea Nagele. Ich habe in der letzten Zeit einige Küstenkrimis gelesen. Lustige oder auch ernste Varianten. Nun wurde es Zeit, mal wieder in eine andere Umgebung abzutauchen. Und so kam es, dass „Grado im Sturm“ von Andrea Nagele eine willkommene Abwechslung bot.


Darum geht es:


In Grado herrscht unerträgliche Hitze. Der Himmel ist grau und verheißt kühlendes Nass.


Der junge Emmanuele soll noch einige Lebensmittel für seine Mutter besorgen, als er von einem Unwetter überrascht wird. In dem Supermarkt, in dem er sich gerade befindet, fällt der Strom aus. Emmanuele, der sich schon lange Zeit sehnlichst ein bestimmtes Paar Sportschuhe wünscht, schleicht sich heimlich in einen Gang und findet dort genau das gesuchte. Er nutzt die Dunkelheit, um die Schuhe zu stehlen.


Doch er ist nicht alleine in diesem Gang. Er hört Stimmen, eine Morddrohung. Der Junge flieht aus dem Supermarkt, wird aber verfolgt und bekommt Angst, dass ihn der Täter erkannt hat. Emmanuele geht daraufhin zur Polizei um zu erzählen, was er gehört hat. Dort wird er jedoch weggeschickt. Am Tag danach ist der Junge spurlos verschwunden. Maddalena Degrassi übernimmt den Fall und macht sich auf die Suche nach dem Jungen.


Derweil kündigt sich ein großes Unheil an. Der Meteorologe Guiseppe warnt vor einem großen Sturm – doch niemand will ihm Glauben schenken.


Meine Bewertung:


„Grado im Sturm“ ist das erste Buch, das ich von Andrea Nagele gelesen habe. Tatsächlich ist dieses Buch jedoch bereits Band 4 der Grado-Reihe (Grado im Regen, Grado im Dunkeln, Grado im Nebel). Ich kannte daher natürlich nicht Maddalena Degrassis Charakter und ihre bisherige Entwicklung. Dennoch ist es kein Problem, „Grado im Sturm“ auch einzeln zu lesen – wobei es mich persönlich schon immer etwas stört, wenn ich die Vorgeschichte nicht kenne und das Gefühl habe, ich sollte jetzt wissen, warum der Charakter so handelt wie er handelt. Der Spannung tat das jedoch keinerlei Abbruch.


Anfangs tat ich mich etwas schwer, in die Handlung rein zu kommen, weil sich mir nicht so recht erschloss, wie die ganzen unterschiedlichen Erzählstränge zusammenhängen. Da ist der verschwundene Junge aus der Wohnwagensiedlung, dann ein seltsames Geschwisterpaar, das sich über das Erbe ihrer Tante zerstritten hat, ein Meteorologe, dessen Warnungen in den Wind geschossen werden und der von seiner Freundin verlassen wird, zwei Männer, die in einem sehr seltsamen Verhältnis stehen, eine Krankenschwester und ein Arzt, die seit Jahren gegen ihre Gefühle ankämpfen, und eine Familie, die auf einem Campingplatz Urlaub macht. Per se eine ziemlich inhomogene Mischung – wobei sie doch alle etwas gemeinsam haben, denn alle befinden sich in in irgendeiner Weise an einem Wendepunkt ihres Lebens.


Auch Maddalenas persönliches Umfeld ist eher ein Minenfeld. Unklar ist ihre Beziehung zu ihrem Freund Franjo, der gerne den nächsten Schritt gehen möchte, und zu ihrer Mutter, die ausgerechnet mit Maddalenas Chef zusammen kommen musste. Es gärt und brodelt also an allen Ecken und Enden. Die Stimmung ist ziemlich explosiv und weit weg von Mittelmeerromantik und Liebesgeturtel.


Und doch zog mich die Geschichte immer tiefer in ihren Sog. Zumal man mehr und mehr spürt, dass das Unwetter kommt und viele, teilweise auch alte Wunden aufgerissen werden. Die drückende Stimmung fühlt man das ganze Buch durch. Es ist letztlich fast eine Erlösung, als der Sturm endlich losbricht und die Dinge geklärt werden, alle Handlungsstränge zusammenführen und final aufgelöst werden.



Mein Fazit:


Mir gefällt das Buch „Grado im Sturm“ sehr gut – auch wenn es sich nicht wirklich wie ein klassischer Krimi anfühlt. Obwohl ich zugestehen muss, dass auch in anderen Krimis gerne mal der Zufall die Lösung eines Falles bewirkt. Die Ermittlungen von Maddalena Degrassi rücken vor der nahenden Katastrophe, den persönlichen Dramen der Ermittlerin und all der menschlichen Abgründe und alten Verbrechen fast in den Hintergrund. Bis auf ein paar Befragungen gibt es hier wenig Ermittlungsarbeit. Ich würde es daher eher als Roman ansehen, einen Roman mit düsterer Atmosphäre.


Angesichts der hohen Temperaturen der vergangenen Wochen kann ich die hochexplosive Stimmung nachvollziehen, denn auch hier merkten wir, dass die Menschen immer aggressiver wurden, je höher das Thermometer kletterte.


Da mir der Schreibstil und die Erzählweise nach der ersten Verwirrung unheimlich gut gefallen hat, freue ich mich schon sehr auf weitere Bücher der Autorin. „Grado im Sturm“ war mit Sicherheit nicht das letzte Buch, das ich von Andrea Nagele gelesen habe.


Und wenn ihr spannende Unterhaltung sucht, seid ihr hier genau richtig. Ich meine, das Cover verrät ja schon, dass es nicht um Urlaubsidylle geht.


Deborah


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Vielen lieben Dank an den emons: Verlag und Andrea Nagela für das Rezensionsexemplar. Weitere Infos zu „Grado im Sturm“ und den Vorgängern findet ihr auf der Internetseite des emons: Verlages und der Internetseite der Autorin Andrea Nagele.