Martina Bogdahn – Mühlensommer


Als das Kiepenheuer & Witsch Verlagsteam bei mir anfragte, ob sie mir ein Überraschungspaket zusenden dürften, habe ich mich riesig gefreut, denn bisher fand ich jede Überraschungspost von KiWi großartig. Alles Bücher, zu denen ich im Buchladen nicht gegriffen hätte, die mich dann aber begeistert haben. Wie zum Beispiel Tara Westover – Befreit oder Christopher Wilson – Guten Morgen, Genosse Elefant. Umso gespannter war ich, als ich das Päckchen mit „Mühlensommer“ von Martina Bogdahn und einem Brot aus der fränkischen Mühle ihrer Eltern in der Hand hielt. Eine tolle Überraschung – schon alleine der Duft aus dem Päckchen.


Es ist Sommer und Maria möchte mit ihren Töchtern Mira und Charlotte ein langes Wochenende mit Freunden abseits der Stadt in einer Hütte verbringen. Gerade dort angekommen, erreicht sie der Hilferuf ihrer Mutter: Ihr Vater ist verunglückt und musste ins Krankenhaus. Maria macht sich auf den Weg zum elterlichen Hof. Hier erwartet sie eine Dauer-Apfel-schälende Oma und auch jede Menge Erinnerungen an ihre Kindheit. All die schönen (und auch unschönen) Erlebnisse kommen wieder hoch und stellen Marias Wahl in Frage. Außerdem merkt sie, wie sehr ihr ihre Familie und insbesondere ihr Bruder Thomas fehlt, zu dem das Verhältnis seit Langem zerrüttet ist. War es richtig, dem Landleben komplett den Rücken zu kehren und nur noch selten nach Hause zu kommen?

Der Klappentext zu "Mühlensommer" von Martina Bogdahn


Der Schreib- und Erzählstil von Maria Bogdahn macht es einfach, in die Geschichte reinzukommen. Ich bin ein großer Fan von Geschichten, die auf mehreren Zeitebenen spielen. Und so ist es auch hier. Durchgehend finden Wechsel zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit statt, sodass man immer mehr über Marias Leben auf dem Bauernhof erfährt. Und dieses Leben war wahrlich kein Zuckerschlecken. Auch wenn die Geschichte sehr humorvoll ist, blieb mir das Lachen doch einige Male im Hals stecken. Mein einziger Gedanke: Was für eine leichte, unbeschwerte Kindheit hatte ich als (Klein-)Stadtkind dagegen.


Über eines sollte man sich klar sein: Hier wird nichts, aber auch gar nichts beschönigt und man erfährt sehr genau, wie das Leben auf einem Hof mit Viehzucht abläuft. Soll heißen, von Geburt bis Hausschlachtung ist alles dabei – und sehr ausführlich und bildhaft beschrieben. Das war zeitweise schon nicht leicht zu lesen und ist eher nichts für Zartbesaitete. Für mich war es manchmal hart an der Grenze. So fragte ich mich beim letzten Kapitel vor dem Epilog schon, ob das auch noch notwendig war. Aber gut, wird schon seinen Sinn haben.


Nicht falsch verstehen, trotz dieser Schilderungen gefiel mir die Geschichte sehr gut, manche Ausführlichkeit hätte für mich jedoch nicht so ausufernd sein müssen. In anderen Genres wäre hier wohl eine komplette Seite an Triggerwarnungen enthalten. 🙂

"Mühlensommer" von Martina Bogdahn mit Blogmaus und Tasse.


Was ich dagegen richtig klasse fand, waren die eher lustigen Erlebnisse – sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Was so eine verirrte Luftgewehrkugel auslösen kann… Besonders gut gefiel mir zudem der Zusammenhalt der Familie und insbesonders von Maria und ihrem älteren Bruder Thomas. Die Kinder lassen sich einfach nicht unterkriegen, trotz rauer Sitten und Mobbing durch Mitschülerinnen und Mitschüler. Das Leben ist für die beiden kein Ponyhof, aber sie machen eindeutig das Beste daraus. Umso bedauerlicher ist es, dass sie sich irgendwann so weit von einander entfernen. Aber vielleicht ist es ja noch nicht zu spät, und die Familie rückt wieder enger zusammen wegen des Unfalls Ihres Vaters.


Auf jeden Fall erkennt man, woher Maria ihre Stärke hat. Sie musste sich einiges erkämpfen und auch in ihrem Stadtleben dürfte nicht immer alles ganz einfach sein als Chefin einer Werbeagentur, alleinerziehend mit zwei Teenager-Töchtern. Ich habe sie sehr bewundert, wie sie gegen manche fiese Attacke von Mitschülerinnen gewehrt hat.

"Mühlensommer" von Martina Bogdahn mit Deko.


Um es kurz zu machen: Wenn ihr keine Probleme mit den oben genannten Themen habt ist „Mühlensommer“ eine absolut lesenswerte und unterhaltsame Geschichte, die euch mitnimmt aufs Land (Sommer wie Winter) und durchaus auch erdet. Die Geschichte ist gefühlvoll, macht Spaß, teilweise macht sie aber auch wütend und traurig. Dementsprechend wird es nie langweilig. Von mir gibt es daher eine Leseempfehlung für diese wunderbare Familiengeschichte.


Schaut doch mal wieder bei der Buchhandlung eures Vertrauens vorbei und schmökert in den Debütroman von Martina Bogdahn rein. Ich bin gespannt, wie er euch gefällt. Ich kann guten Gewissens sagen, dass es dem Kiepenheuer & Witsch Verlag wieder einmal gelungen ist, mich sehr positiv zu überraschen und mir zu zeigen, dass es sich lohnt, über den Tellerrand rauszuschauen und sich auch mal Bücher genauer anzuschauen, von denen man eigentlich nicht erwartet, dass sie ins eigene Beuteschema fallen.


Viel Spaß beim Lesen!


Deborah


Ps: Die Tasse auf den Fotos musste einfach sein. Eine kleine Hommage an Emma, die ihr im Roman genauer kennenlernt.


WERBUNG


Folgenden Link kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung:


Vielen Dank an den Kiepenheuer & Witsch Verlag und die Maria Bogdahn für die Zusendung dieses Überraschungsbuches und des leckeren Brotes!