Claire Bonamy – Wiedersehen in Barfleur

Es ist wieder Sommerbuchzeit! Auch heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, das keine gewöhnliche Sommerromanze ist, sondern auch einen ernsten Hintergrund hat – und noch einmal entführe ich euch nach Nordfrankreich ans Meer. Genauer gesagt: Nach Barfleur, einem Ort am Ärmelkanal in der Normandie.


Darum geht es:

Charlotte ist Kuratorin in einem Museum in Köln und hat gerade eine erfolgreiche Ausstellung eröffnet. Zentraler Mittelpunkt ist ein Bild von Monet „Impression, Soleil levant“. Ein Bild, das Charlotte sehr berührt – es zeigt einen Sonnenaufgang am alten Hafen in Le Havre. In Nähe der Stadt hat Charlotte in ihrer Jugend häufig die Sommerferien verbracht, bis zu jenem schicksalhaften Sommer vor 15 Jahren, als ihr Vater von einer Bootsfahrt nicht mehr zurückkehrt und spurlos verschwindet.

Umso unerwarteter trifft sie die Nachricht ihrer Großcousine Sophie, die ihr in einem Telefonat mitteilt, dass sie glaubt, Charlottes Vater in Barfleur gesehen zu haben. Charlotte zögert nicht lange und reist direkt in die Normandie, um herauszufinden, ob ihr geliebter Vater tatsächlich noch lebt.
In Barfleur wird Charlotte mit weit mehr alten Geschichten konfrontiert, als sie ahnen konnte. Bei ihren Recherchen stößt sie auch auf die verbotene Liebe ihres Großvaters Johann, der sich als junger deutscher Soldat in Zeiten des Krieges in Mathilde verliebte.

Zur gleichen Zeit befindet sich auch Charlottes Jugendliebe Matthieu wieder in Barfleur. Ein wunderbarer Zufall, denn er unterstützt Charlotte bei ihrer Suche. Und auch nach so langer Zeit sind noch immer Gefühle vorhanden, oder sind es auch nur Erinnerungen?


Meine Bewertung:

Bei „Claire Bonamy“ handelt es sich um ein Autorinnen-Duo. Es besteht aus Andrea Russo, deren lustige Romane ich schon seit längerem liebe, und der Kunsthistorikerin Eva Philippon. Zusammen ist es den beiden gelungen, eine lebendige Geschichte aus Vergangenheit und Gegenwart zu verknüpfen. Eine Geschichte, die teilweise zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges und noch davor spielt und in der ein unbekanntes Bild des Malers Paul Signac keine unwichtige Rolle spielt. Ein Bild, das er einem kleinen Mädchen „verkaufte“ im Tausch gegen ihre Schätze.



Sowohl die Geschichte um Mathilde und Johann als auch die Gegenwart haben mich sehr angesprochen und ließen mich das Buch kaum aus der Hand legen. Ich wollte unbedingt wissen, wie es in beiden Zeiten weitergeht. Das ist eher eine Seltenheit, denn oft interessiert mich ein Part mehr als der andere und ich überspringe die Zeiten dazwischen eher. Diesmal war das nicht der Fall, was sehr für den Aufbau der Erzählung und auch die gehaltene Spannung spricht. Einerseits interessierte mich natürlich, was aus Charlottes Vater wurde, andererseits aber auch, was Johann und Mathilde erlebten. Und ganz nebenbei natürlich auch, ob sich Matthieu und Charlotte wieder näher kommen. Ein bisschen Liebe muss sein im Sommer.

Bei „Wiedersehen in Barfleur“ hatte ich das Gefühl, dass die Hintergründe – sowohl im historischen als auch im kunsthistorischen Bereich – sehr gut recherchiert wurden, sodass man sich das Leben in Barfleur zur Zeit des Krieges besonders gut vorstellen konnte. Dieser Handlungsabschnitt ist natürlich der dramatischere, zumal ein unrühmlicher Teil einer ohnehin schrecklichen Zeit beleuchtet wird, der mir bisher so nicht bekannt war. Liebe war noch nie einfach – aber Liebe zum Feind ist natürlich doppelt schwer und ein gesellschaftlicher Grund zur Isolation und Ausgrenzung. Am Rande erfuhr ich auch einiges über das Kriegsende und die Landung der Alliierten.

Dass das Buch einen Nachhall in mir ausgelöst hat merke ich daran, dass ich im Anschluss im Internet erst einmal Bilder von Paul Signac angeschaut und selbst etwas über die Geschichte der Normandie nachgelesen habe.


Am allerwichtigsten ist aber dies: Das Autorinnen-Duo Claire Bonamy hat mir mit „Wiedersehen in Barfleur“ ein paar wunderschöne Sommerlesestunden geschenkt. Unabhängig von dem Wetter hier durfte ich gedanklich viele schöne, unvergessliche Stunden in der Normandie verbringen. Und Romantik war ja nun auch dabei – wenn auch nicht im lustigen Sommerkleidchen. Muss ja auch nicht immer sein.

Noch etwas zu den äußeren Werten: Das Cover ist farblich sehr schön und hat einen Bezug zur Geschichte – wenn es mich von der Gestaltung her auch eher an ein Motiv aus Südfrankreich erinnert. Wobei Südfrankreich ja auch irgendwie in die Geschichte einfließt. Passt also und gefällt mir so oder so.


Mein Fazit:

Unbedingt lesen, wenn ihr ein schönes Sommerbuch sucht, das sich von der Masse abhebt. Ihr findet hier Liebe, Drama, Frankreich, Meer, Kunst und Geschichte. Eine Mischung, die für Spannung und Unterhaltung sorgt.

Ich habe mich wieder einmal in Nordfrankreich verliebt, obwohl ich selbst noch nie dort war (ja ich weiß, soweit weg ist es eigentlich nicht, aber…). Charlotte und Matthieu und Johann und Mathilde ließen mich an ihrem ihrem Leben teilhaben und ich habe jede Minute genossen. Liebe kann grausam und zugleich unwahrscheinlich schön sein.

Von mir gibt es für dieses Buch glatte 5 Lämpchen – wenn ich hätte, gäbe es sogar 5+. Vielleicht muss ich ja doch noch irgendwann halbe Lämpchen einführen. 😉


Weitere Informationen zum Buch und den Autorinnen findet ihr auf der Internetseite des Ullstein Verlages und den Seiten von Andrea Russo und Eva Philippon.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Andrea Russo für die Zusendung des Buches, ich habe mich so darüber gefreut.



Ich wünsche euch allen einen schönen Abend und einen guten Start in die neue Woche. Ganz bald gibt es noch ein paar Sommerbücher, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Es geht dann über den Ärmelkanal herüber nach Wales und Cornwall – auch Orte, von denen ich schon lange träume…


Eure

Deborah



Ps: Das Gemälde oben hat natürlich überhaupt nichts mit Paul Signac zu tun. Es ist vielmehr ein persönliches Geschenk aus der Familie, das doch irgendwie gut zur Handlung passt. Außerdem gefallen mir die Farben so gut. 😉