François Loeb – Lea und Siegfried

Die Geschichte einer Liebe, die nicht sein durfte und doch denkbar war.

Heute möchte ich euch eine ganz andere Art von Liebesgeschichte vorstellen…Lea und Siegfried, ein jüdisches Mädchen und ein deutscher Junge verlieben sich zu einer Zeit, in der eine solche Liebe so gut wie keine Chance hatte.

Der Inhalt aus meiner Sicht:

Die Geschichte spielt in der deutschen Kleinstadt S. in den 30er Jahren, der Zeit des Nationalsozialismus. Lea ist eine fleißige Schülerin, die von ihrem Biologie-Lehrer Zauss immer häufiger gequält und gedemütigt wird, weil sie Jüdin ist. Das Einzige, was Lea noch Halt gibt, ist ihre geheime Liebe zu Siegfried, der alles tut, um Lea von ihren Sorgen abzulenken. Doch lange bleibt dieses Glück nicht verborgen, die An- und Übergriffe gegen jüdische Mitbürger werden immer grausamer. Lea ist verzweifelt und sieht keinen Ausweg außer sich zu verstecken. Siegfried hingegen setzt sich für Lea und ihre Mutter ein und bringt sich dadurch selbst in die Schusslinie.

Meine Bewertung:

Eine dramatische Geschichte, die einen nachdenklich hinterlässt, und gleichzeitig eine wunderschöne, zarte Liebesgeschichte. Man erlebt mit, wie die fleißige Schülerin Lea immer mehr ins Abseits gedrängt und ausgegrenzt wird. Ihr einziger Fehler: Sie ist Jüdin – und dazu noch blond. Zunächst machen sich die Schüler noch lustig über Lehrer Zauss‘ Schmarotzer-Lehre, dann macht man sich über Lea lustig. Steter Tropfen höhlt den Stein… da Zauss schon bald von vielen als die neue Kraft in der Kleinstadt angesehen wird, ducken sie vor ihm und übersehen die Dinge, die in ihrer Stadt geschehen – oder, was noch schlimmer ist: Unterstützen sie. Lea erduldet Tag für Tag Demütigungen, immer in großer Angst vor dem wachsenenden Wahnsinn des Lehrer Zauss. Das einzige, was ihre Tage erträglich macht, ist die Zeit mit Siegfried. Er lässt sich weder einschüchtern noch wird er zum Fähnchen im Wind. Siegfried liebt Lea und steht zu ihr. Auch wenn er wenig Möglichkeiten hat, macht er ihr doch das Leben so angenehm wie möglich und stattet einen ungenutzten Bergwerksschacht wie eine kleine Wohnung aus. Er wird zu Siegfrieds und Leas Zuflucht, ihr eigenes, kleines Paradies. Doch leider können sie sich nicht ewig dort verstecken.

Die Geschichte hat mich sehr berührt, denn sie zeigt, wie es dazu kommen konnte, dass sich eine abstruse Weltanschauung verbreiten konnte und letztendlich in einem Massenmord endete. Man begreift, dass zu Anfang eigentlich keiner etwas gegen Lea oder ihre Mutter oder andere jüdische Mitbewohner hat. Zumindest nicht mehr, als gegen andere Nachbarn. Doch der Lehrer Zauss und einige treue Anhänger krempeln alles um. Aus Angst und auch aus Neugier entwickelt sich ein Strudel, dem sich die wenigsten entziehen können. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung bildet einen Widerstand. Die meisten schauen weg oder machen aktiv mit. Neid und Missgunst werden geschürt.

„Lea und Siegfried“ hat mich für knapp 130 Seiten relativ viel Zeit gekostet. Es ist kein Buch, dass man eben mal so weg liest. Ich muss ehrlicherweise aber auch sagen, dass mir die Geschichte der beiden an sich gefällt beziehungsweise ich unbedingt wissen wollte, was aus Lea und Siegfried wird. Was mir nicht gefallen hat, waren die Unterbrechungen durch diese Verse zur Legende von Salesi Bloch – der in ein Loch gefallen war und versuchte, aus Kieselsteinen eine Treppe zu bauen. Letztendlich wurde er gefunden und gerettet. Es geht hier um Hoffnung, darum, dass ein einzelner Kieselstein auch Teil eines großen Ganzen ist. Aber dennoch waren für mich die eingebundenen Gedichte und Verse störend und ablenkend.

Eine andere Sache, die mich anfangs sehr ablenkte: Das Buch ist ohne „ß“ geschrieben. Was nicht weiter verwundert, denn François Loeb ist Schweizer. Dennoch stört es mich ungemein beim Lesen. Die Sprache des Buches passt – so denke ich zumindest – sehr gut in die Zeit, in der es handelt. Sie wirkt zumindest sehr unmodern und hat etwas von Schullektüre.

Im Großen und Ganzen war es eine Abwechslung mal keine seichte Literatur zu lesen und die Verarbeitung eines so schwierigen Themas anzugehen. Ich tat mich zwar teilweise etwas schwer, bin aber dennoch sehr froh, es gelesen zu haben. „Lea und Siegfried“ ist eine Geschichte, die Spuren hinterlässt. Ich habe mit Lea gelitten und geweint, wurde mit Siegfried wütend und hatte Hoffnung wie Salesi Bloch.

Vielleicht habt ihr ja Lust, auch einmal ein Buch abseits der üblichen Unterhaltungs- und Massenliteratur zu lesen?

Ich bedanke mich herzlich bei BUCHCONTACT für das Leseexemplar!

Weitere Informationen zum Buch, eine Leseprobe und Bestellmöglichkeit gibt es bei Allitera.

Ein schönes Wochenende!
Deborah