Es gibt wieder neue Dorfgeschichten aus dem Saarland. Mit „Zweieinhalb Kilometer“ erscheint das neue Werk von Frank P. Meyer, der uns zuletzt mit „Vom Ende der Bundeskegelbahn“ begeistert hat. Schön, wieder im Saarland zu sein und erneut am Dorfleben teilzunehmen. Und es gibt viel Klatsch, Tratsch und langgehütete Geheimnisse zu entdecken…
Darum geht es in „Zweieinhalb Kilometer“:
Die Schulfreunde Wolfgang „Wolfi“ und Bernd „Ringo“, beide mittlerweile um die 60, finden beim Ausmisten von Oma Wallis Schuppen voller Gerümpel einen VW Bulli Baujahr 1963, nicht im besten Zustand, aber doch für beide ein Jugendtraum. Einmal im Bulli eine lange Reise unternehmen. Sie verhandeln mit Walli und können ihr den Bulli abkaufen.
Und dann beginnt die Arbeit, denn das Schmuckstück, das im Dorf als „Terroristenbus“ bekannt war, benötigt eine umfassende Restaurierung. Einzig ein Name für das Gefährt ist schnell gefunden: Che soll er heißen. Über den Bus gibt es viele Geschichten und Gerüchte – doch was ist wahr und was nicht? Tatsache ist, dass die Freunde während der Reparaturarbeiten eine unglaubliche Entdeckung machen. Sollten die Gerüchte um den Bus tatsächlich wahr sein? Sie beschließen daher, die Vorbesitzer aufzusuchen und ihnen auf den Zahn zu fühlen. Dabei werden einige interessante Geheimnisse enthüllt, die auch Ringos und Wolfis Vergangenheit betreffen.

Deborahs Meinung:
Ich bin ja mittlerweile ein richtiger Fan der Primstal-Geschichten von Frank P. Meyer. Diese kleinen Einblicke in das Dorfleben sind immer sehr unterhaltsam. Die Mischung aus Humor, Tratsch, Realitätsverfremdung, wenig Privatsphäre (denn irgendwie scheint ja wirklich jeder alles mit- oder zumindest erzählt zu bekommen) aber auch großer Herzlichkeit und Zusammengehörigkeit gefällt mir besonders gut. Dementsprechend habe ich mich natürlich riesig gefreut auf den neuen Roman.
Bei „Zweieinhalb Kilometer“ hat es ein wenig länger gedauert als bei „Vom Ende der Bundeskegelbahn“, bis es mich gepackt hat. Aber dann war ich doch wieder voll und ganz dabei und war gespannt, was die einzelnen Bulli-Besitzer so zu berichten haben und welche Geheimnisse nach vielen Jahren endlich gelüftet werden. Und dabei geht es nicht nur um den Bulli – sondern auch um einen der neuen Besitzer. In seinem Leben gibt es eine Sache, die er bis jetzt nicht klären konnte.
Eindeutig der sympathischere Protagonist ist für mich Bernd/Ringo. Bernd ist eher ruhig, zuverlässig und empathisch. Wolfi, der alte Charmeur, kommt von Anfang an eher oberflächlich und mit etwas zu großem Ego ausgestattet daher. Eigentlich könnten die zwei Freunde nicht unterschiedlicher sein und ich habe mich schon ein wenig gewundert, dass die Freundschaft schon so lange hält.
In einem Punkt war ich mir von Anfang an sicher und wurde am Ende der Geschichte darin bestätigt. Bei dem tatsächlichen Eigentümer des Fundes im Bulli lag ich falsch, ebenso bei der anderen offenen Frage. Alles sehr geschickt verwebt zu einer unterhaltsamen Geschichte über einen ziemlich kurzen Road-Trip, die mir sehr gut gefallen hat, allerdings ein Ticken weniger wie der vorherige Roman „Vom Ende der Bundeskegelbahn“. Irgendwas fehlte mir, ich kann es nicht genau benennen, was letztlich der Auslöser für dieses Gefühl ist. Vielleicht fehlt dem Roman ein wenig die Leichtigkeit, etwas mehr Humor.
Wobei ich das vielleicht wieder ganz anders empfinden würde, wenn ich das Ganze als Hörbuch vom Autor erlebt hätte. Einen kleinen Einblick haben wir ja wieder einmal bei einer Lesung von Frank P. Meyer im Rahmen von „Erlesen im Saarland“ erhalten. Und dort gab es sehr viel zu lachen.

Bewertung / Fazit zu „Zweieinhalb Kilometer“:
Das meiste wurde oben schon gesagt. Nicht ganz der Favorit (das bleiben nach wie vor „Club der Romantiker“ und „Vom Ende der Bundeskegelbahn – Links siehe unten), aber dennoch eine tolle Geschichte übers Dorfleben von Frank P. Meyer, die ich auf keinen Fall missen möchte und die im Gedächtnis bleibt. Somit also eine Leseempfehlung. Ich meine, das Buch ist schließlich ein Hardcover mit Lesebändchen. Das kann ja nur gut sein. 🙂

Dirks Meinung und Fazit:
Auch ich habe länger gebraucht in die „Zweieinhalb Kilometer“ reinzukommen, als bei Romanen vom Meyer Frank sonst üblich. Der Autor hat die Geschichten rund um den Bus, die vorherigen und jetzigen Besitzer und die zum Teil tiefen Einblicke in das Leben der Dorfjugend in den 60ern/70ern geschickt miteinander verwoben.
Obwohl mit Bernd und Wolfgang neue Protagonisten im Vordergrund stehen, fand ich es klasse, Charaktere aus den vorherigen Romanen vorzufinden, wenn auch nur in Nebenrollen und Randnotizen. Im Laufe der Geschichte wird die Freundschaft der beiden sehr auf die Probe gestellt und der Leser wird tief in die Vergangenheit einer der beiden Freunde gezogen. Was Bernd und Wolfgang bei ihren Recherchen und Gesprächen mit den Vorbesitzern des Bulli erfahren und erleben, lässt die Nachbarn im Dorf das ein oder andere Mal in einem komplett anderen Licht dastehen. Da der Meyer Frank uns aus der „Wir-Erzähler“-Perspektive am Geschehen teilhaben lässt, fühlte ich mittendrin im Geschehen. Amüsant sind vor allem die Rückblenden in die Kindheit und Jugend der Protagonisten, haben sie mich doch an meine eigene Vergangenheit erinnert.
Ich gehöre zwar nicht zu den Boomern, bin aber als GenX nicht viel jünger. In dem Dorf, wo ich aufgewachsen bin, hat sich garantiert die ein oder andere Szene so ähnlich abgespielt. Ob Saarland oder Niederrhein, das Dorfleben war sich damals wohl doch sehr ähnlich.

Solltet ihr die Gelegenheit haben, eine Lesung zu diesem Roman besuchen zu können – macht es! Bei der von uns besuchten Lesung in St. Ingbert im Rahmen des „Erlesen Saarland“-Festivals haben wir viel gelacht. Der Meyer Frank hat mit seiner lockeren Art viele der gelesenen Kapitel mit Bildern und Gegenständen untermalt und dazu die ein oder andere Anekdote vom Stapel gelassen.
Auch ich bin der Meinung, gerade dieser Roman vom Meyer Frank müsste als Hörbuch erscheinen – aber nur vom Autor selbst oder einem Saarländer eingelesen.
Mein Fazit ist quasi wie bei Deborah … nicht ganz der Favorit, aber ein Einblick ins Dorfleben der etwas anderen Art. Ich mag das Meyersche Primstal-Universum und die kauzig-verschrobenen Charaktere und freue mich auf weiteren Lesestoff.
Wir beide wünschen euch viel Spaß beim Lesen!
Werbung
Folgenden externen Link kennzeichne ich gemäß § 5 DDG als Werbung:
Vielen lieben Dank an den Conte Verlag für das Rezensionsexemplar! Weitere Infos zum Buch findet ihr auf der Internetseite des Conte Verlages.

Lust auf mehr Frank P. Meyer bekommen? Unsere Rezensionen zu seinen bisherigen Romanen und Kolumnensammlungen findet ihr hier: